rethink

View Original

Volksinitiative “Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern”

Am 26. September 2021 stimmt das Schweizer Stimmvolk über die Initiative “Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern” ab. Die Initiative möchte eine stärkere Umverteilung des Reichtums und ein noch gerechteres Steuersystem. Heute tragen Einkommenssteuern dazu bei, Ungleichheiten abzuschwächen: Einkommensstarke Personen zahlen prozentual mehr als einkommensschwache.

Heute werden im Grundsatz alle Einkünfte wie Lohn, Rente und Kapitaleinkommen in vollem Umfang versteuert. Diese sogenannten Einkommenssteuern tragen dazu bei, Ungleichheiten bei der Verteilung der Einkommen innerhalb der Bevölkerung abzufedern.
Personen mit einem grossen Einkommen zahlen prozentual höhere Steuern.

Gewisse Kapitaleinkommen, wie Dividenden oder Gewinne aus Aktienverkäufen werden weniger oder gar nicht versteuert. Für das Initiativekomitee rund um die Jungpartei Juso stellen diese Bedingungen eine Ungleichheit im Steuersystem dar. Menschen mit einem grossen Vermögen, die dieses via Aktienhandel oder Beteiligungen an Firmen weiter vergrössern können.

Die Initiative wird auch 99-Prozent Initiative genannt. Denn das reichste 1 Prozent der Schweizer Bevölkerung hält laut Initiativkomitee 43% der Gesamtvermögen. Dagegen würde der Wohlstand der Schweiz von den 99% erschaffen, die jeden Tag in Büros, Supermärkten oder Spitälern arbeiteten, und nicht von einer Handvoll Superreichen die von leistungsfreien Profiten leben würden.

Was sich ändert

Für die Initiantinnen ist die heute bestehende Umverteilung und die Besteuerung nicht ausreichend fair genug. Sie fordern für hohe Kapitaleinkommen eine höhere Besteuerung.

Ab einem bestimmten Betrag sollen Kapitaleinkommen bei der Steuerberechnung stärker gewichtet und anderthalbfach gezählt werden. Für jeden Franken oberhalb dieses Betrags müsste so viel an Steuern bezahlt werden, als würde es sich dabei um Fr. 1.50 handeln. Ab welchem Betrag die höhere Besteuerung gilt, wird bei einer Annahme der Initiative durch das Parlament bestimmt. Das Komitee schlägt jedoch eine Grenze von 100`000 Franken vor.
Die Einnahmen, die durch die höhere Besteuerung erzielt werden, sollen für Steuerermässigungen für Personen mit tiefen oder mittleren Arbeitseinkommen oder zugunsten der sozialen Wohlfahrt eingesetzt werden.

Die Initiantinnen rechnen mit zusätzlichen zehn Milliarden Franken an Steuereinnahmen welche genutzt werden sollen, um die tiefen und mittleren Einkommen zu entlasten.

Wer dagegen ist

Gegen die Initiative “Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern” stellen sich der Bundesrat wie auch die beiden Räte in Bundesbern. Der Nationalrat lehnte in der Schlussabstimmung die Initiative mit 128 Nein zu 66 Ja-Stimmen ab. In der kleinen Kammer stimmten 31 Ständeräte dagegen, 13 dafür.

Von den sieben grössten Parteien im Bundeshaus sprechen sich vier gegen die Volksinitiative aus. Namentlich die Grünliberalen, FDP, SVP und die Mitte-Partei.

Aus der Wirtschaft sprechen sich etliche Akteure ebenfalls für ein Nein an der Urne aus. Darunter “economiesuisse”, der Hauseigentümerverband und der Schweizerische Gewerbeverband.

Argumente der Gegner

Für Bundesrat und Parlament schwäche die Initiative den Standort Schweiz und die Anreize zum Sparen. Dies habe schädliche Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Wohlstand. Im internationalen Vergleich seien die Einkommen in der Schweiz gleichmässig verteilt, und Kapital werde bereits recht hoch besteuert.
Ins gleiche Rohr blasen auch die Wirtschaftsvertreter und Partien. Aus ihrer Sicht seien besonders Schweizer Familienunternehmen und KMU betroffen, die bereits durch die Corona-Pandemie arg gebeutelt wurden.
Die 99%-Initiative beschneide die Steuerautonomie der Kantone, da auch diese ihre Steuergesetzgebung im Sinne der Initiative (höhere Besteuerung von Kapitaleinkommen, Aufhebung kantonaler Regelungen bei der Dividendenbesteuerung) anpassen müssten.

Wer dafür ist

Die Initiativ-Partei Juso, deren Mutterpartei SP, sowie die Grünen und die EVP. Weiter unterstützen Verbände wie Bewegung für Sozialismus (bfs) und das Schweizerische Arbeiterhilfswerk (SAH) ein Ja an der Urne.

Argumente der Befürworter

Aus Sicht der Initiantinnen entlaste die 99%-Initiative die Löhne durch Steuersenkungen und stärke den Service Public, beispielweise durch höhere Prämienverbilligungen, Investitionen in Kitas oder einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs.
Ausserdem sei es einen Schritt in eine feministische Zukunft. Frauen leisten in der Schweiz noch immer doppelt so viel unbezahlte Arbeit im Haushalt und erhalten tiefere Löhne für dieselbe Arbeit.
Mit dem Ausbau des Service Public und einer Entlastung der tiefen Einkommen würden insbesondere auch Frauen profitieren.

PS: Egal welcher Meinung du bist, nutze dein Stimmrecht und geh’ an die Urne.

PPS: Auch wenn man einen Brief öffnen und wieder abschicken muss, oder am Sonntag ins Abstimmungslokal gehen muss, nicht jede*r auf dieser Welt kann so viel mitbestimmen wie wir. Also sollten wir uns auch einen Tritt in den Arsch geben und es ernst nehmen.


© rethink-blog 2021
Mit Informationen von:
admin.ch
nein-zu-99prozent.ch
99prozent,ch