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Huch, das ging aber schnell?!

Bild: pexels.com

Zugegeben, diese Überschrift ist ein wenig ironisch. Umso echter ist jedoch die Freude, dass der Nationalrat heute endlich über die Ehe für alle abstimmen konnte. Und dies mit einem äusserst klaren Ergebnis.

Die Geschichte dieser heutigen Abstimmung reicht mittlerweile fast sieben Jahre zurück. Am 5. Dezember 2013 reichte die Grünliberale Fraktion die Parlamentarische Initiative “Ehe für alle” ein.

2018 entschied die Rechtskommission des Nationalrates (RK-N), die im Nationalrat für Rechtsfragen zuständig ist, dass die Revision der Ehe in zwei oder mehreren Schritten stattfinden soll. So könnten einzelne umstrittene Punkte wie die Hinterlassenenrente oder Zugang zur Samenspende nicht die ganze Vorlage in Gefahr bringen.
Zu diesem Entscheid berichteten wir bereits vor zwei Jahren:



Damals wurde die Frist, bis wann die Initiative vom Nationalrat behandelt werden muss, auf die Sommersession 2019 verlängert. 2019 wurde das gleiche Spiel gespielt, erneut eine Verlängerung bis 2021.

Hinter den Kulissen lief die Arbeit jedoch auf Hochtouren — wenn man das in Bundesbern so nennen darf. Die Rechtskommission des Nationalrates erarbeitete einen ersten Gesetzesentwurf und der Bundesrat nahm dazu Stellung. Und so landete die “Ehe für alle”-Debatte auf dem Programm der Frühlingssession des Parlaments.
Dort wurde sie jedoch nie behandelt, da sich das Parlament wegen der Sars-Cov-2 Pandemie gleich selbst schloss und die Frühlingssession vorzeitig beendete. Dann stand Geschäft 13.468 in der Sommersession am 3. Juni auf der Tagesordnung, die Beratungen hatten begonnen, wurden aber nach der Mittagspause auf einen noch nicht bestimmten Zeitpunkt verschoben.

Und heute, am 11. Juni ging es weiter. Für das Parlament ging es um grundsätzlich drei Punkte:

  • Die Ehe für alle Menschen öffnen, unabhängig von ihrem Geschlecht. Dadurch eine Diskriminierung weniger in der Schweiz. Ausgenommen davon ist explizit der Zugang zur Samenspende für weibliche Ehepartnerinnen. Der Bundesrat empfiehlt diese Möglichkeit.

  • Minderheit rund um Nationalrat Beat Flach (GLP/AG): In der Rechtskommission für die Ehe für alle zuständig. Die Minderheit will den Zugang zur Samenspende bereits jetzt zur Vorlage hinzufügen.

  • Eine weitere Minderheit rund um Vertreterinnen der SVP lehnen die Vorlage komplett ab und wollen die Ehe weiterhin für Frau und Mann vorbehalten.

Die Meinungen gehen weit auseinander

Die zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter sprach heute morgen vor dem Nationalrat und kam auf den Hauptstreitpunkt, den Zugang zur Samenspende, zu sprechen.

Für Ehepaare, die auf natürliche Weise keine Kinder zeugen können, besteht in der Schweiz die Möglichkeit einer Samenspende. Bei der Geburt des Kindes wird dann automatisch der Ehemann als Vater eingetragen. Jedoch muss der Samenspender registriert werden, da in der Schweizer Verfassung ein sogenanntes Abstammungsrecht implementiert ist. Jeder Mensch hat das Recht zu wissen, von wem er abstammt. Mit 18 Jahren erhalten die Kinder, die durch eine Samenspende gezeugt wurden also die Möglichkeit, ihren biologischen Vater zu erfahren.

Das Problem ist nun, dass die Minderheit Flach die Ausweitung der Elternschaftsvermutung nicht auf jene Fälle beschränkt, in denen die Spenderdaten amtlich dokumentiert sind. Vielmehr soll die Elternschaftsvermutung auch gelten, wenn das Kind durch Geschlechtsverkehr mit dem Samenspender, durch Privatinsemination, Becherspende oder anonyme Samenspende im Ausland gezeugt wurde.

SP-Nationalrat Angelo Barrile wies darauf hin, dass beispielsweise im Kanton Zürich rund jedes sechste Kind seine Abstammung nicht kennen würde. Dies sei also nicht nur ein Problem gleichgeschlechtlicher Eltern. Die Bundesrätin anerkannte dies. Und sie betonte, es sei klar, dass sich lesbische Paare ihren Kinderwunsch heute bereits im Ausland erfüllten, wobei das Recht der Kinder, beide Eltern zu kennen, ebenfalls nicht gewährleistet werden könne.
Auf die Frage, ob die Ehe für alle dem Kindswohl nicht zuwiderlaufe, erwiderte Keller-Sutter, entscheidend sei die Liebe, die ein Kind von seinen Eltern erhalte, und nicht etwa die Frage, welches Geschlecht die Eltern hätten.

Für die Grünliberale Partei, Grüne, SP und die FDP ist klar: Lesbische Ehepaare sollen den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin erhalten. Die Mitte-Fraktion, mit der CVP als stärkste Partei, ist gegen die Samenspende, jedoch nicht gegen die Ehe für alle.


Die Mitte-Fraktion kündigte an, die Vorlage als Gesamtpaket abzulehnen, wenn die Samenspende integriert wird. Im Nationalrat blieb diese Drohung jedoch fruchtlos, denn auch ohne die Stimmen der CVP-Parlamentarier reichte es locker für eine Mehrheit. In der Gesamtabstimmung nahmen die Nationalrätinnen und Nationalräte die Ehe für alle – inklusive Samenspende für lesbische Paare – mit 132 Ja-Stimmen zu 52 Nein-Stimmen bei 13 Enthaltungen an.

Das deutliche Resultat verriet es: Die Mitte-Fraktion war längst nicht so geeint, wie dies aufgrund des entschlossenen Votums gegen die Samenspende hätte vermutet werden können. Zehn ihrer Parlamentarier unterstützten die Ehe für alle. Zwei der Ja-Stimmen kamen aus der BDP, der Rest aus der CVP. Auffallend war, dass sich bei den Christlichdemokraten ausschliesslich Junge und Frauen für die gleichgeschlechtliche Ehe aussprachen. Weitere zwei CVP-Nationalräte enthielten sich. In der SVP gab es ebenfalls zehn Abweichler sowie diverse Enthaltungen.

Am Schluss gar eine Volksabstimmung?

Durch ist das Thema nun aber noch lange nicht. Nach dem Nationalrat muss sich auch noch der Ständerat mit der Vorlage befassen. Und hier könnte das Ergebnis wesentlicher knapper ausfallen, da die CVP in der kleinen Kammer stärker vertreten ist. Und ausgeschlossen ist auch noch nicht, dass aus den Reihen der CVP oder SVP das Referendum ergriffen wird und so das Schweizer Stimmvolk die letzte Stimme über die Ehe für alle erhalten könnte.

Wenigsten hier stehen die Chance nicht schlecht, wieder ein deutliches Signal aus der Bevölkerung zur Gleichstellung zu erhalten. Eine von Pink Cross, dem Dachverband für schwule und bi-Männer, in Auftrag gegebene Umfrage zeigt, dass 81 Prozent der Schweizerinnen die Ehe für alle befürworten.

Laut der Umfrage von gfs-Zürich spricht sich eine sehr klare Mehrheit für die tatsächliche Gleichstellung und damit auch für den Schutz von Familien und Kindern aus. So befürworten 66 Prozent, dass auch Frauenpaare den Zugang zur Samenspende erhalten sollen und damit heterosexuellen Paaren gleichgestellt werden


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