Weekly, KW17
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Guten Abend aus der rethink-Redaktion.
Nachdem wir letzten Sonntag auf das Weekly verzichten mussten - trotz oder leider wegen positiver Stimmung unseres Autors - schauen wir heute nun auf die vergangenen Wochen zurück.
Das hat die Welt bewegt:
Frankreich hat gewählt. Aber noch lange nicht entschieden.
Letzten Sonntag wurde der amtierende französische Regierungschef Emmanuel Macron für eine weitere Amtszeit gewählt. Bei der Stichwahl, zwei Wochen nach der ersten Wahlrunde, trat er gegen die rechtsextreme Marine Le Pen an.
Für viele Französinnen und Franzosen bestand so die Wahl zwischen Pech und Schwefel. Macron wird kritisiert, Politik für die Elite und die Reichen des Landes zu betreiben und Le Pen war auf Krawall gebürstet, gegen die Europäische Union und NATO-Bündnis. Ganz zu schweigen von ihrer Haltung zur Einwanderungspolitik.
Emmanuel Macron zeigte sich vergangenen Sonntag versöhnlich und demütig: Er wisse, dass viele nicht für ihn, sondern gegen die extreme Rechte gestimmt hätten.
Macrons Sieg, das ist eben keine Bestätigung seiner ersten Amtszeit, seiner Europafreundlichkeit, seines Liberalismus oder seiner für viele nicht greifbaren Wahlkampfforderungen. Sein Sieg ist das Sich-Zusammenraufen etlicher linker, grüner, sozialdemokratischer und konservativer Kräfte gegen die Rechtsnationale im Land. Und auch dieses früher solide Bündnis steht längst nicht mehr so sicher da wie noch vor fünf Jahren. Macron hatte das rechte Lager eigentlich zurückdrängen wollen. Stattdessen hat dieses während seiner Amtszeit schleichend Teile der bürgerlichen Wählerschichten erobert.
Immerhin 41,46 Prozent der Wähler:innen hatte mit den radikalen Programmpunkten von Marine Le Pen offenbar kein Problem. Sicher: Macron ist das seltene Kunststück gelungen, als französischer Präsident wiedergewählt zu werden. Aber sein Rückhalt in der Bevölkerung ist gering.
Wie gross sein Handlungsspielraum in den nächsten fünf Jahren Amtszeit werden wird, stellt sich am 12. Juni heraus. Dann finden in Frankreich die Parlamentswahlen statt.
Tag 67 im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Die Vereinten Nationen haben nach eigenen Angaben am Freitag einen Einsatz zur Rettung von Zivilist:innen aus dem belagerten Stahlwerk Asowstal in Mariupol eingeleitet.
Ukrainischen Angaben zufolge sollen in den Bunkeranlagen des Stahlwerks insgesamt rund 1’000 Zivilist:innen Zuflucht gesucht haben – und nun eingeschlossen sein.
Die Evakuierungsaktion werde mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, Russland und der Ukraine koordiniert.
Im Osten und Süden der Ukraine setzt sich die russische Offensive fort. Unter anderem in den Gebieten um Sumy, Charkiw, Cherson und Odessa ist es zu Angriffen und zivilen Todesopfern gekommen. Gemäss ukrainischen und westlichen Angaben versuchen Putins Truppen in erhöhtem Tempo, aus dem Osten, Süden und Norden ihre Gegner einzukesseln. Dabei seien ihnen geringe Geländegewinne gelungen, meldete das britische Verteidigungsministerium. Die Ukraine kontrolliere jedoch den grössten Teil ihres Luftraums.
Im Westen der Ukraine soll Russland gezielt Infrastruktur beschiessen, um Waffenlieferungen aus dem Westen zu blockieren und die Ukraine militärisch wie auch ökonomisch zu schwächen. So sollen das Bahnnetz, eine kritische Brücke sowie Tanklager durch russische Geschosse getroffen worden sein, wie das ukrainische Militär und Verteidigungsministerium melden.
Vergangene Wochen reiste UNO-Generalsekretär António Guterres nach Moskau.
In einem Treffen mit dem russischen Aussenminister Sergei Lawrow hatte Guterres für eine rasche Waffenruhe und ein Ende des Kriegs plädiert. Beides ist noch immer nicht absehbar.
Tags darauf ist der Generalsekretär in die Ukraine gereist und hat mehrere schwer getroffene Vororte von Kiew besucht. Darauf folgte ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski.
Auch die Schweizer Nationalratspräsidentin Irène Kälin, besuchte auf Einladung des ukrainischen Parlamentspräsidenten Kiew. Die grüne Politikerin wurde für ihren Entscheid, mitten ins Kriegsgebiet zu reisen, gelobt, aber vor allem kritisiert. Ihre Beweggründe wurden infrage gestellt, ebenso der Sinn des ganzen Unterfangens. Und es wurde moniert, Kälins Besuch in der Ukraine habe das Neutralitätsprinzip der Schweiz verletzt.
Zur Kritik, ihre Reise sei heikel bezüglich der Neutralität der Schweiz gewesen, sagte Kälin: «Neutralität bedeutet für mich, dass man sich bedingungslos auf die Seite des Völkerrechts stellt.» Die Reise sollte die Solidarität der Schweiz mit der Ukraine und ihrer Bevölkerung zum Ausdruck bringen. Der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk, der Kälin eingeladen hatte, begrüsste die diplomatische Geste: «Der Besuch der höchsten Schweizerin ist mehr als ein Zeichen der Solidarität. Es braucht Mut, dies zu tun.»
Kanton St. Gallen verbietet Konversionstherapien gegen Homosexualität.
Sie sind umstritten, werden von Menschenrechtsorganisationen bekämpft und sind im Kanton St. Gallen bald verboten: sogenannte Konversionstherapien. Bei diesen «Behandlungen» wird versucht, Homosexuelle umzupolen. Das heisst, Schwule und Lesben sollen mithilfe einer Therapie zu Heterosexuellen gemacht werden.
Der Kantonsrat St. Gallen hat vorletzten Mittwoch einer Motion deutlich zugestimmt. Für Ärztinnen und Ärzte oder Psychotherapeut:innen waren solche «Behandlungsmethoden» bereits verboten, für Coaches, Sexualberater:innen oder Geistliche gab es allerdings bislang keine Regelung.
Was jetzt passiert:
Da der Bundesrat auf nationaler Ebene bis jetzt nicht gegen Konversionstherapien vorgeht, werden nun die Kantonsparlamente aktiv.
Im März 2021 überwies bereits das Parlament in Genf der Regierung den Auftrag, mögliche Verbote und Gesetze zu erarbeiten und mit den Bundesbehörden in Kontakt zu treten um ein Verbot möglicherweise schweizweit einzuführen.
Und im Sommer schloss sich der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt an. Dieser will mit einer Standesinitiative Bundesbern zu einem nationalen Verbot bewegen.
In Deutschland ist die Praktik seit 2020 landesweit verboten. Zahlen zu Fällen sind weiterhin ziemlich unbekannt. Fachleute gehen von wenigen Fällen in der Schweiz aus. Der Begriff der Konversionstherapien fällt meistens im Zusammenhang mit fundamentalistischen Glaubensgruppen.
«Homosexualität ist keine Krankheit und deswegen ist sie auch nicht therapiebedürftig. Es braucht deshalb eine klare Grenze und ein Verbot der Konversionstherapie einschliesslich strafrechtlicher Konsequenzen», heisst es etwa im Motionstext aus dem Stadtkanton am Rheinknie.
Redaktionsschluss: 18:00
Weekly 17/2022
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