Weekly, KW45
Es ist der 14. November, es ist Sonntag und es ist kalt und neblig. Grund genug zu schauen, was diese Woche so lief:
(Und ja, es geht bereits zum dritten Mal um die UN-Klimakonferenz in Glasgow...aber nicht nur)
Eskalation an der belarussisch-polnischen Grenze.
In den letzten Tagen eskalierte der Konflikt zwischen Belarus und der EU. Polens Grenze zum Land von Präsident Lukaschenko ist gleichzeitig auch EU-Aussengrenze und darum für Asylgesuche relevant.
Seit Tagen warten nun Tausende Menschen an der Grenze zu Polen auf Hilfe. Belarussische Medien veröffentlichten in der Nacht auf Donnerstag Fotos und Videos von verzweifelten Geflüchteten, darunter viele Kinder. Gemäss polnischen Angaben wurden im Gebiet wiederholt Tote gefunden. Eine unabhängige Berichterstattung gestaltet sich jedoch als schwierig, da Polen das Grenzgebiet zur Sperrzone erklärt hat und Belarus praktisch keinen ausländischen Journalist_innen eine Akkreditierung ausstellt.
Warum das wichtig ist:
Die aktuelle Krise gilt für viele Beobachter_innen als "künstliche Flüchtlingskrise". Dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko wird vorgeworfen, Menschen aus den Krisenregionen in Syrien und Irak einfliegen zu lassen, um sie dann an die Grenze zu Polen zu schleusen.
NZZ-Nahostkorrespondentin Inga Rogg geht laut SRF davon aus, dass sich inzwischen mehr als 10'000 Menschen aus dem Nahen Osten in Belarus befinden.
Ihr Ziel: Westeuropa.
Hintergrund:
Der aktuelle Konflikt geht auf die Wahlen in Belarus von 2020 zurück. Gemäss offiziellen Angaben wurde dabei Alexander Lukaschenko -der bereits seit 1994 an der Macht ist - mit 80 Prozent der Stimmen gewählt. Im Vorfeld wurden jedoch bereits etliche mögliche Gegenkandidaten festgenommen oder bedroht und standen so nicht für eine Wahl zur Verfügung. Im Nachgang gingen Hunderttausende belarussische Menschen auf die Strasse, die gegen das offiziell verkündete Wahlresultat demonstrierten, darunter auch viele Frauen. Die Proteste wurden mit Polizeigewalt unterdrückt, was international für Aufregung sorgte.
Im Mai 2021 wurde vonseiten Belarus die nächste Eskalationsstufe gezündet: Ryanair-Flug 4978 von Athen nach Litauen wurde wegen einer angeblichen Bombe an Bord kurz vor dem Einflug in den litauischen Luftraum durch belarussische Behörden zwangsweise nach Minsk (Belarus) umgeleitet. Nach der Landung wurden der an Bord befindliche regimekritische Journalist Raman Pratassewitsch, Mitgründer und ein ehemaliger Chefredakteur des Oppositionellen-Netzwerks Nexta, und seine russische Lebensgefährtin festgenommen.
Das belarussische Aussenministerium verlas am Tag nach der erzwungenen Landung einen vermeintlichen Hinweis für eine Bombendrohung im Flugzeug. Die darin als Absenderin genannte Gruppierung stritt jegliche Drohung ab.
Als Folge entzog die Europäische Union allen belarussischen Fluggesellschaften die Betriebserlaubnis und empfahl europäischen Airlines, den belarussischen Luftraum zu meiden.
Was jetzt passiert:
Die EU diskutiert aktuell darüber, weitere Sanktionen gegen Belarus auszusprechen. Alexander Lukaschenko verschärfte am Freitag bei einem Treffen mit Militärs den Ton: "Wir beheizen Europa, und sie drohen uns noch damit, die Grenze zu schliessen", und brachte damit einen möglichen Stopp von Gaslieferungen ins Spiel. Durch Belarus verläuft ein Teil der wichtigen russischen-europäischen Pipeline Jamal-Europa. Über die Leitung wird allerdings nur ein geringer Teil des Gases aus Russland nach Europa transportiert. Die Hauptmengen fliessen durch die Ukraine und die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1.
Schlussspurt in Glasgow
Wie zu erwarten, gab es am Freitagabend– dem offiziell letzten Tag der COP26 – noch keine gemeinsame Abschlusserklärung an der UN-Klimakonferenz. Dem Abschlusstext müssen alle rund 200 teilnehmenden Staaten zustimmen und unterzeichnen. Das war erst Samstagabends, gegen 21 Uhr der Fall.
Im nun verabschiedeten Text einigen sich die teilnehmenden Staaten auf einen Passus, in dem sie sich selbst dazu auffordern, ihre Klimaschutzpläne bis zur nächsten Konferenz in einem Jahr zu verstärken, so dass ein 1.5 Grad Ziel doch noch möglich wird. Ausserdem verpflichteten sie sich gemeinsam dem Ziel, die Erderwärmung bei 1.5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu stoppen. Das Ziel gibt es bereits seit 2015, jedoch ist die Welt auf einem Kurs Richtung 2.4 Grad Erwärmung.
Erstmals werden die Staaten dazu aufgefordert, eine Reduktion von Kohlestrom einzuleiten. Die ursprüngliche Erklärung wollte einen Kohleausstieg, das wurde jedoch in letzter Minute von Indien und China abgeschwächt.
Weiter wurde auch mehr Finanzhilfe für ärmere Staaten gebilligt, damit diese sich an die vielerorts fatalen Folgen der Klimakrise anpassen können.
COP26-Präsident Alok Sharma sagte an seiner Abschlussrede: “Wir können jetzt glaubhaft sagen, dass wir 1.5 Grad am Leben erhalten haben. Aber der Puls ist schwach und wird nur überleben, wenn wir unsere Versprechen einhalten und unsere Verpflichtungen in rasches Handeln umsetzen.”
Hintergrund:
Am Freitag war bekannt geworden, dass im jüngsten Entwurf die Forderungen nach einem beschleunigten Kohleausstieg und einem Ende der Subventionen für fossile Energieträger deutlich verwässert worden waren.
So wurde etwa der Appell, diese Subventionen einzustellen eingeschränkt, dass damit "ineffiziente" Subventionen gemeint sind. Auch die Beschleunigung des Kohle-Ausstiegs wurde abgeschwächt: Kohlekraftwerke, die Technologien zum Abfangen von klimaschädlichem Kohlendioxid nutzen, sind damit nicht mehr betroffen.
Umweltschützer_innen reagierten empört auf die Abschwächungen. Die Umweltschutzorganisation WWF sprach etwa davon, dass sich der überarbeitete Entwurf "in Schlüssel-Bereichen" rückwärts bewege. Ausserdem sei der Beschluss "nicht auf Linie mit den 1.5 Grad".
Was jetzt passiert:
Umweltministerin Simonetta Sommaruga ist trotz “einiger Erfolge” nicht zufrieden mit dem Resultat der Weltklimakonferenz. Nach ihrer Ansicht, wie auch nach Ansicht etlicher Nichtregierungsorganisationen, wird die Abschwächung des Kohleverbrauchs nicht ausreichen um die Erderhitzung bis 2100 auf 1.5 °C zu begrenzen.
Die Schweiz ist nun besonders gefordert. Nach dem Nein zum CO2-Gesetz steht sie zwar mit beachtlichen langfristigen Zielen da, aber ohne Plan, wie sie diese erreichen will.
Auch die Forderung, die Subventionen auf fossile Energieträger auszumerzen, muss die Schweiz ernst nehmen. Sowohl der Strassen- als auch der Luftverkehr profitieren in der Schweiz nach wie vor von indirekten Subventionen. Autofahrer und Flugpassagiere bezahlen nur einen Bruchteil der externen Klimakosten, die sie verursachen.
Mehr Menschen von Hunger betroffen.
Das Welternährungsprogramm der UNO (WFP) meldete anfangs Woche, dass sich die Anzahl der Menschen, die von Hunger bedroht sind, deutlich erhöht habe. Wurden zu Beginn des Jahres 42 Millionen Menschen gezählt, sind es nun 45 Millionen.
Hintergrund:
WFP-Exekutivdirektor David Beasley erklärte nach einem Besuch in Afghanistan: "Zig Millionen Menschen blicken in den Abgrund. Konflikte, Klimawandel und Covid-19 lassen die Zahl der Hungerleidenden in die Höhe schnellen". Die UNO-Agentur hilft alleine in Afghanistan rund 23 Millionen Menschen.
Weiter würden in Krisenstaaten wie Syrien, Jemen und Afghanistan die Preise für Treibstoff, Lebensmittel und Dünger steigen, was die Lage verschärfe.
Was jetzt passiert:
Die Schweiz sah für das Jahr 2021 27 Millionen an Unterstützungsgelder für Afghanistan vor. Der Bundesrat entschied im September nach der Machtübernahme der Taliban, weitere 33 Millionen Franken als Hilfeleistung zur Verfügung zu stellen. 23 Millionen davon muss das Parlament als Nachtragskredit während der Wintersession (29. November - 17. Dezember) freigeben.
Laut dem Bundesrat sind innerhalb der zusätzlichen Geldern 22 Millionen für UN-Organisationen, also auch dem Welternährungsprogramm, vorgesehen.
Die Anpassung der Hilfsgelder bezieht sich also nur auf Afghanistan, dort sieht das WFP jedoch akut auch den grössten Handlungsdrang.
Zum Ende was aus “der Branche”
Das Online-Magazin republik.ch ist die kompetenteste Medienmarke in der Schweiz.
Zu diesem Schluss kommt das Forschungsinstitut Publicom, welches in der MediaBrands-Studie 181 Medienmarken auf ihre qualitative Ausstrahlung im Publikum untersuchte. Was die Kompetenz anbelangt, kann es keine andere Medienmarke mit dem digitalen Magazin republik.ch aufnehmen, das den schweizweit höchsten Kompetenzwert (116.2 Index-Punkte) erreicht.
Die Republik, erst 2018 durch ein Crowdfunding gegründet, ist komplett werbefrei und seit knapp einem Jahr selbst tragend. Das bedeutet: mit aktuell rund 29'000 Abonnent_innen tragen diese mit ihrem Jahresbeitrag das Unternehmen komplett.
Die Republik war eines der ersten vollständig Leser_innen finanziertes Medium in der Schweiz und ebnete mit ihrem Erfolg den Weg für andere Projekte.
Durch die Unabhängigkeit und auch mehr Ressourcen für Recherchen finden vor allem ausführliche Hintergrundartikel ihren Weg in "die Republik".
Auf dem zweiten Platz der deutschschweizer Medien landete das Konsumentenmagazin "Beobachter" (114.6 Punkte) und Platz 3 geht an Radio SRF 2 Kultur (114.2 Punkte).
Mit der MediaBrands-Studie ermittelt Publicom jährlich die Brand Performance von Medienmarken in der Schweizer Bevölkerung. Die Erhebung 2021 wurde im April und Mai durchgeführt und basiert auf einer für die Bevölkerung von 15 bis 79 Jahren repräsentativen Stichprobe von 4'700 Personen. Die statistische Fehlerquote liegt bei +/- 1.4 Prozent.
Aus Transparenzgründen: Der Autor dieses Weekly ist selbst Republik-Abonnent und durch deren Strukturierung theoretisch auch Mitglied der Verlagsetage.
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