Woche 37 - Nein statt Ja bei Organspenden?

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Was passierte in den letzten sieben Tagen? Das wollen wir dir mit dem “Briefing” nun (hoffentlich) jeden Sonntag näherbringen. Wir picken dabei ein Thema heraus, das besonders spannend, überraschend, neu war oder schlicht am meisten diskutiert wurde. Und wie immer bei rethink, bekommst du nicht nur eine Schlagzeilen-Zusammenfassung der letzten Woche, sondern mehr Hintergrundinformationen.

Wer heute seine Organe nach seinem Tod spenden möchte, muss dies mit einem Organspendeausweis klar ausdrücken. Tut er das nicht, müssen die Angehörigen über diese schwierige Frage entscheiden. Die Volksinitiative “Organspende fördern — Leben retten” will dieses Verfahren umdrehen. Wer keine Organe zur Transplantation freigeben will, muss sich zu Lebzeiten klar dagegen entscheiden. Diese Variante nennt man “Widerspruchslösung».

Die Initiative ist am 18. April 2019 zustande gekommen, es wurden also mindestens 100’000 gültige Unterschriften gesammelt. Aktuell behandelt der Bundesrat die Initiative.

Bundesrat will Angehörige weiterhin miteinbeziehen

Alain Berset stellte dabei einen indirekten Gegenvorschlag vor: Der Bundesrat will eine sogenannte erweiterte Widerspruchslösung im Gesetz verankern.
Konkret bedeutet das: Die Menschen, die keine Organe spenden wollen, müssen dies zu Lebzeiten klar dokumentieren. Ist diese Willensäusserung nicht vorhanden, gilt wie bisher die Entscheidung der Angehörigen.
Genau diese möchte die Volksinitiative eigentlich entlasten. Denn der Druck ist enorm. Eine wichtige Person ist soeben verstorben und nun muss entschieden werden, was die Person für sich selbst entscheiden würde. In dieser schwierigen Situation lehnen die Angehörigen in rund 60 Prozent der Fälle eine Organspende ab, obwohl in Umfragen eine grosse Mehrheit der Bevölkerung gegenüber der Organspende grundsätzlich positiv eingestellt ist.

Keine Revolution, nur ein kleiner Systemwechsel

Der Gegenvorschlag aus Bern ändert also nicht viel am heutigen System, sondern dreht die Anfangssituation nur um, dass nun ein “Nein” festgehalten werden muss, statt einem “Ja”. Alain Berset gibt bei der Pressekonferenz dann auch offen zu, dass es sich mit diesem Gesetzesentwurf um keine Revolution handle. Der Bundesrat wolle aber eine vertiefte Diskussion über das Thema führen.

Sowohl Bundesrat wie auch die Volksinitiativen wollen die Zahl an Organspenden deutlich erhöhen. In der Schweiz warten schwerkranke Menschen im Durchschnitt ein Jahr auf ein Spendeorgan.

Spende nur nach bestätigtem Hirntod

Die Voraussetzungen für eine Spende bleiben auch mit einem Systemwechsel gleich wie heute: Organe spenden können nur Personen, die im Spital einen Hirntod durch Hirnschädigung oder Herz-Kreislauf-Stillstand erleiden. Stirbt jemand ausserhalb des Spitals, ist eine Organspende nicht möglich.


Oli Wingeier

Oli, findet alles Neue spannend und erstmal gut, ausser die neuen Rechten. Duscht jeden Morgen zu lange, besitzt mehr als tausend Notizbücher und zu viele Gedanken (oder umgekehrt).
Für rethink wühlt er sich jede Woche durch etliche Nachrichten und kreiert dann daraus eine Zusammenfassung der wichtigsten News. Zu lesen und hören als “Weekly”

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