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Weekly, KW47

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Guten Abend aus der rethink-Redaktion. 

Heute mit einem Blick auf die kantonalen und kommunalen Abstimmungen in der Schweiz, den türkischen Angriffen gegen kurdische Gebiete und Bibi & Tina.

Die Türkei bombardiert kurdische Gebiete in Syrien und Irak.

Nach dem Bombenanschlag vor zwei Wochen in der Innenstadt Istanbuls hat die Türkei eine Militäroffensive gegen kurdische Stellungen in Nordsyrien und im Nordirak gestartet. Im Verlauf der Woche wurden über 90 Ziele mit Luftangriffen zerstört. Die Türkei bezeichnet die Angriffe als Verteidigungsschlag gegen die Kurdenmiliz YPG und die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK, denen sie die Schuld am Attentat in Istanbul zuschreibt.

Das türkische Verteidigungs­ministerium rechtfertigte die Luft­angriffe mit dem Selbstverteidigungs­recht aus der Charta der Vereinten Nationen. Die Türkei sieht die syrische YPG als Ableger der PKK und geht seit Jahren gegen deren Kämpfer vor. Die YPG ist auch ein Partner der in Syrien stationierten US-Armee im Kampf gegen den Islamischen Staat. Die Kurden­milizen im Irak wurden in den letzten Wochen wiederholt auch vom Iran mit Raketen beschossen. Das Regime in Teheran macht die kurdische Minderheit für die Protest­welle im Iran mitverantwortlich.
Was jetzt passiert:
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan stellt kein Ende der Angriffen in Syrien in Aussicht - im Gegenteil. “Sobald wie möglich werden wir, so Gott will, zusammen mit unseren Panzern, Soldaten und Weggefährten alle ausrotten”, sagte er am Dienstag. Ab sofort gelte nur noch ein Limit: die Sicherheit des eigenen Landes.

Ein Blick auf den Abstimmungssonntag.

Heute entschied die Schweizer Stimmbevölkerung in acht Kantonen über kantonale Vorlagen. Auf eidgenössischer Ebene fanden keine Abstimmungen statt. 

Im Kanton Wallis soll Sterbehilfe künftig auch in allen Alters- und Pflegeheimen möglich sein. 76,6 Prozent der stimmberechtigten Walliser:innen sagten dazu Ja. Mit dem heutigen Entscheid ist das Wallis einer der wenigen Kantonen in der Schweiz, welche die Beihilfe zum Suizid in Alters- und Pfelgeheimen gesetzlich geregelt hat und die Entscheidung nicht den Heimen überlässt, ob sie Sterbehilfe zulassen wollen. 

Der Kanton Basel-Stadt soll bis 2037 klimaneutral werden. Die Stimmbevölkerung am Rheinknie hatte dabei die Qual der Wahl: 2030, 2037 oder erst später? Geworden ist es der Mittelweg. Die sogenannte Klimagerechtigkeitsinitiative, welche das Ziel bereits 2030 erreichen wollte, wurde zwar von rund 57 Prozent der Stimmbevölkerung angenommen. Ein Ja mit über 64 Prozent gab es jedoch auch zum Gegenvorschlag, der das Netto-Null-Ziel 2037 erreichen will. In der Stichfrage entschied sich der Kanton für den Gegenvorschlag. Basel-Stadt ist damit der erste Kanton, der bis 2037 seinen eigenen CO2-Ausstoss massiv reduzieren und klimaneutral werden will. Andere Städte, etwa Zürich, wollen dieses Ziel 2040 schaffen. 

Der Basler Regierungspräsident Beat Jans (SP) wertet das doppelte Ja als klaren Auftrag an die Regierung: «Es ist enorm, was uns hier erwartet, um das Ziel zu erreichen. Aber man kann das Resultat auch als Chance erkennen, für das Gewerbe, für den Standort Basel, auch für den Tourismus.»

Und heute wurde auch gewählt:
Im Kanton Schwyz wurde heute im zweiten Wahlgang der FDPler Damian Meier in die Kantonsregierung gewählt. Er folgt auf den zurücktretenden Kaspar Michel (FDP). Chancenlos ging die grünliberale Ursula Louise Lindauer mit rund 4’300 Stimmen Differenz zu Meier aus. 

In Zug wurde erstmals das Amt des Stadtpräsidenten durch die SVP besetzt. Mit gut 200 Stimmen Vorsprung auf Barbara Gysel von der SP (die die erste Frau im Amt gewesen wäre) holt sich der SVP-Mann André Wicki den Posten. Er folgt auf Karl Kobelt (FDP). 

Und in Thun bleibt das Amt des Stadtpräsidenten in der Hand der SVP. Der bisherige Raphael Lanz wurde mit 68.5 Prozent der Stimmen in die vierte Amtszeit wiedergewählt. Herausgefordert wurde er von seiner Gemeindratskollegin Andrea de Meuron (Grüne) und dem Parteilosen Dalyan Paolo Tramacere. Um 20 Uhr sollen die Resultate der Gemeinderatswahl bekanntgegeben werden, um 21 Uhr jene des Stadtrats, also des Thuner Parlaments.

Weitere Nachrichten der Woche in Kurzform.

Schmähpreis für Bibi & Tina-App: 
Am Montag wurde in Berlin zum sechsten Mal der Negativpreis “Goldener Zaunpfahl” verliehen. Ziel des Preises ist, “einen gesellschaftlichen Dialog zu initiieren über die einschränkende Wirkung von Werbung und Produktdesign insbesondere auf Kinder und ihr Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit; einen Austausch über Verantwortung und persönliche Freiheit, über Vielfalt und Identität”.

Unter den Nominierten waren etwa ein Anzeigenmotiv von Tempo, in dem eine Astronautin im Weltall fürs Wäschwaschen zuständig ist, oder ein Werbespot von Rügenwalder Mühle, in dem Dinos weggeräumt und Superhelden rosa übermalt werden, weil sich die Geburt eines Mädchens ankündigt. “Gewonnen” hat die Bibi & Tina-App “Reiterferien”. Das für Kinder entwickelte Handy-Spiel lässt als Ich-Charakter nur stereotypische Mädchen zu. Hohe Stimme, lange Haare, entsprechende Klamotten und Gesichtszüge - am Ende kommt immer ein weiblich gelesener Avatar heraus. Die Entwickler-Firma begründete diese Tatsache wie folgt: “Gerne hätten wir einen männlichen Charakter angeboten. Jedoch sind unsere Hauptzielgruppe Mädchen, dies haben Nutzerumfragen ergeben. Ein männlicher Charakter bedeutet leider einen grossen finanziellen Aufwand.”

Schottische Unabhängigkeit in weite Ferne gerückt:
Eine neue Abstimmung über die Unabhängigkeit der Schotten gegenüber dem Vereinigten Königreich wurde am Mittwoch vereitelt. Das höchste britische Gericht entschied, das schottische Regionalparlament habe kein Recht, eine Volksabstimmung anzusetzen. Damit folgten die Richter:innen den Argumenten der britischen Regierung. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hatte angekündigt, die nächste britische Parlamentswahl zu einem Quasi-Referendum zu machen und den Wahlkampf ihrer Schottischen Nationalpartei (SNP) nur mit der Forderung nach Unabhängigkeit zu bestreiten.
Bei einer ersten Volksabstimmung 2014 hatte sich eine Mehrheit der Schott:innen für den Verbleib in der Union mit Grossbritannien ausgesprochen. Für London ist die Frage damit langfristig entschieden. Regierungschefin Sturgeon aber argumentiert, dass der Brexit, den die Schotten 2016 deutlich abgelehnt hatten, die Ausgangslage verändert habe. Sie will ein unabhängiges Schottland zurück in die EU führen. Im Parlament in Edinburgh sind die Unabhängigkeitsbefürworter in der Mehrheit.

Katar - aber nichts über die WM.

Woche zwei in der Weltmeisterschaft des Männerfussballs in Katar. Wie erwartet berichten wir auch heute nicht darüber. 
Dafür empfehlen wir jede Woche einen Text über die Lage bezüglich Menschenrechte, Gleichstellung und Rechte von Minderheiten im Emirat.

Heute: Das Emirat ist für queere Menschen ein gefährliches Pflaster. Bis heute ist nicht klar, wie genau die homophobe Gesetzgebung in Katar angewendet wird. Es sind Berichte über Peitschenhiebe oder Haft von homosexuellen Männern bekannt. 
Wir empfehlen einen Artikel von Deutschlandfunk über Homophobie im Land: hier lesen

Das war’s von uns für diese Woche, vielen Dank für dein Vertrauen. Wir lesen uns nächsten Sonntag!


Redaktionsschluss: 17:20
Weekly 47/2022

Headerbild von Milad Fakurian via Unsplash

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