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Weekly, KW 34

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Weekly am 27.08.2023 rethink

Guten Abend aus der rethink-Redaktion. 

Wir legen den Fokus heute auf die Lage in der Ukraine, weiter hat Thailand eine neue Regierung und die Brics-Staaten haben sich in Südafrika getroffen.

Die Lage in der Ukraine.

“Ruhm und Wille der Ukraine sind noch nicht tot”: Am Donnerstagabend ertönte in vielen Städten Europas die ukrainische Nationalhymne. Zur Feier ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion am 24. August 1991 veranstalteten Ukrainer:innen in 77 Städten weltweit Friedensketten - so auch auf der Wettsteinbrücke in Basel. Dort war die Widerstandskraft der aus der Ukraine geflüchteten Menschen gut zu spüren. Aber auch die Dankbarkeit für die Gastfreundschaft in der Schweiz.

Die Bedeutung des ukrainischen Unabhängigkeitstages hat besonders seit der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 an Bedeutung gewonnen, sagte Frithjof Benjamin Schenk gegenüber der Basler Zeitung. Er ist Professor für osteuropäische Geschichte an der Universität Basel. Der Angriffskrieg Russlands habe das Bewusstsein der Menschen in der Ukraine für die eigene Geschichte gestärkt: “Es ist ein Paradox. Putin hat offen das Existenzrecht der Ukraine als eigenständige Nation infrage gestellt. Mit seinem Krieg gegen das Nachbarland hat er aber das Gegenteil erreicht: Das Nationalgefühl in der Ukraine hat sich weiter konsolidiert”, erklärte Schenk weiter.

Die militärische Lage:
Die ukrainische Gegenoffensive kommt nur schleppend voran. In den letzten Tagen erzielte die ukrainische Armee einige Geländegewinne. Gestern Samstag konnte sie eigenen Angaben zufolge das Dorf Robotyne zurückerobern. Robotyne liegt ungefähr 100 Kilometer vor Berdjansk am Asowschen Meer und 85 Kilometer von der als strategisch wichtig angesehenen Stadt Melitopol. Beide werden von russischen Truppen kontrolliert.

Wie am Montag bekannt wurde, wollen Dänemark und die Niederlande F-16-Kampfjets an die Ukraine liefern. Dies wäre die erste Lieferung von Kampfjets, welche unter den westlichen Partnern bisher kritisch diskutiert wurde. Dänemark hat sich zusichern lassen, dass die Ukraine die Kampfflugzeuge nur über eigenem Territorium einsetzt - also keine Angriffe auf russische Gebiete fliegt. Mit den F-16 ist es so, wie mit den Kampfpanzern westlicher Bauart: Sie helfen, den Luftraum über der Ukraine besser zu schützen. Das wiederum hilft den Armee-Einheiten am Boden bei ihren Offensiven gegen die russischen Einheiten.

Die ersten der 19 dänischen Flieger sollen schon zum Jahresende in der Ukraine einsatzbereit sein. Die Niederlande wollen bis zu 42 Stück liefern, jedoch ist noch offen, bis wann genau. Erst letzte Woche hatte US-Präsident Joe Biden grünes Licht für die Lieferung der in den USA gefertigten Kampfjets gegeben.

Die “New York Times” berichtete gestützt auf Angaben aus US-Regierungskreisen darüber, dass seit Beginn der Invasion auf russischer Seite 120’000 Kämpfer getötet wurden. Auf ukrainischer Seite sollen es bis zu 70’000 getötete Soldaten sein. Dass die Zahl der Todesopfer auf der russischen Seite höher ist, liege daran, dass Russlands Armee deutlich mehr Truppen im Einsatz hat. Analyst:innen zufolge verfügt die Ukraine über rund 500’000 Soldat:innen, darunter aktive Soldaten, Reservisten und paramilitärische Truppen. Im Gegensatz dazu hat Russland mit 1,3 Millionen aktiven, Reserve- und paramilitärischen Truppen - die meisten von ihnen von der Wagner-Gruppe - fast die dreifache Anzahl.

Wagner-Truppe:
Jewgeni Prigoschin, Chef der russischen Privat-Armee, soll am Mittwoch ums Leben gekommen sein. Seit dem Absturz eines Privatflugzeugs in der Nähe von Moskau wird darüber spekuliert, ob sich Prigoschin unter den Todesopfern befindet. Russische Behörden haben das heute bestätigt. Wie die russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf das staatliche Ermittlungskomitee berichtet, stehe nach Identifizierung mit DNA-Tests fest, dass sich der Wagner-Chef unter den zehn Todesopfern befinde. Die Truppen unter Prigoschin zettelten Ende Juni einen Aufstand gegen die russische Militär- und Staatsführung an. Dabei begannen sie einen “Marsch auf Moskau”, welcher aber schnell beendet wurde. Sowohl Jewgeni Prigoschin wie auch ein Grossteil seiner Truppen gingen danach nach Belarus ins Exil. Der russische Präsident Wladimir Putin nannte ihn damals einen Verräter. Nach den ersten Nachrichten über Prigoschins Tod sprach Putin dagegen von einem talentierten Menschen, der aber schwere Fehler gemacht habe. Die Ursache des Absturzes ist nach wie vor ungeklärt. Neben der Möglichkeit eines Unfalls wird darüber spekuliert, dass das Flugzeug absichtlich zum Absturz gebracht worden sein könnte. Der US-Geheimdienst kommt in einer vorläufigen Einschätzung zum Ergebnis, dass der Absturz absichtlich mit einer Explosion herbeigeführt worden sei. Die Explosion würde zu Wladimir Putins langjährigen Bemühungen passen, seine Kritiker zum Schweigen zu bringen.

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Thailand hat eine neue Regierung.

In Thailand wurde am Dienstag Srettha Thavisin zum neuen Regierungschef gewählt. Obwohl seine Partei Pheu Thai bei den Parlamentswahlen Mitte Mai (wir berichteten im Weekly KW20 darüber) nur Platz zwei geholt hatte, stellt sie nun den Regierungsposten.

Thailand wird seit fünf Monaten von einer Übergangsregierung geführt. Die grössten Parteien konnten sich nicht auf eine Regierung einigen, nachdem Pita Limjaroenrat von der Move Forward Partei als Premierminister von den vom Militär ernannten Senatoren abgelehnt worden war.

Move Forward war die Gewinnerin bei den Wahlen im Mai, sie hat besonders von jungen und urbanen Wählenden Stimmen erhalten. Die Partei wollte das Militär, das seit einem Putsch 2014 an der Macht ist, aus der Politik drängen und das Majestätsbeleidungsgesetz reformieren. Die Chancen auf eine Regierungsbeteiligung wurden der Partei bereits im Mai als klein ausgerechnet.

Srettha tritt die Nachfolge von Prayuth Chan-ocha an. Der ehemalige General war seit 2014 an der Macht, als er die vorherige Pheu-Thai-Regierung stürzte.
Die gestürzte Pheu-Thai sei jetzt offensichtlich bereit, mit den früheren Feinden zusammenzuarbeiten, kommentierte SRF-Korrespondent Martin Aldrovandi. Die Koalition, die Srettha anführt, besteht aus elf Parteien, darunter auch zwei pro-militärische, die dem abtretenden Premier Prayuth nahestehen.
Das kommt bei der eigenen Wählerschaft nicht überall gut an und wird teilweise als Verrat empfunden. Dieses Risiko nimmt Pheu Thai aber in Kauf.

Brics-Staaten wollen ihren Einfluss ausbauen.

Diese Woche hat sich die Brics-Gruppe in Südafrika getroffen. Chinas Präsident Xi Jinping, Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, Indiens Premierminister Narendra Modi und Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa trafen sich von Dienstag bis Donnerstag vor Ort in Johannesburg. Der russische Präsident Wladimir Putin wurde per Video zugeschaltet und von Aussenminister Sergei Lawrow vertreten. Wäre er angereist, hätte er befürchten müssen, wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen während der russischen Invasion in die Ukraine gemäss dem Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag festgenommen zu werden.

Hintergrund:
Die Gruppe aus den Schwellenländern Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika will ein Gegengewicht zur geopolitischen und wirtschaftlichen Dominanz des Westens bilden. Auch ihre Abhängigkeit vom US-Dollar als globale Leitwährung möchten die Brics-Staaten reduzieren. Eigenen Angaben zufolge machen die 5 Staaten 42 Prozent der Weltbevölkerung und 24 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus. Die Brics-Gruppe verabschiedete eine Resolution, um die Schaffung einer neuen Zahlungswährung zu prüfen. Brasiliens Präsident Lula da Silva hatte sich dafür eingesetzt, Geschäfte zwischen den Brics-Ländern nicht mehr in Dollar abzuwickeln.

Weiter sollen ab 2024 weitere sechs Staaten zum Bund dazustossen. Ramaphosa kündigte die Aufnahme von Saudi-Arabien, Iran, Vereinigten Arabischen Emirate, Argentinien, Ägypten und Äthiopien an. Etwa 40 weitere Staaten haben mehr oder weniger verbindlich Interesse an einer Brics-Mitgliedschaft angekündigt.

Was jetzt passiert:
Die Gemeinschaft der Brics-Staaten gibt es seit 2009, zwei Jahre später stiess Südafrika dazu. Seit Beginn haben sie sich Themen wie Klimaschutz, bessere Gesundheitssysteme und Gleichberechtigung auf die Fahne geschrieben. Den Worten folgten aber kaum Taten. Als konstruktive Kraft hat die Brics-Gruppe, bestehend aus Diktaturen und Demokratien, bisher enttäuscht. Es mangelt an Einigkeit, die Brics überschätzen sich gerne. Westliche Regierungen hingegen unterschätzen den Club der Schwellenländer oft. Gerade der russische Krieg gegen die Ukraine zeigt, wie wirksam die Brics dem Westen die Stirn bieten können, indem sie Moskau helfen, die Sanktionen zu unterlaufen. Bemerkenswert ist auch die Anziehungskraft der Brics-Gruppe. Aus westlicher Sicht sollte die Antwort auf die Frage, wer einer von Diktaturen wie Russland und China angeführten Vereinigung beitreten will, ein geschlossenes Nein sein. Doch zahllose Regierungen antworten mit einem klaren Ja.


Korruptionsverdacht (und weitere Probleme) bei der Ruag.

Der Rüstungsbetrieb des Bundes, Ruag, steht derzeit in den Schlagzeilen. Grund dafür ist ein undurchsichtiger Panzerdeal und Ermittlungen wegen Korruptionsverdachts durch deutsche Behörden.

Das ist geschehen:
2016 kaufte die Ruag in Italien 100 alte Panzer des Typs Leopard-1 als Ersatzteilspender. Anfang 2023 begann der Konzern Kaufverhandlungen mit dem deutschen Rüstungsbetrieb Rheinmetall, der die Panzer an die Ukraine weiter liefern wollte. Im Februar unterschrieben die beiden Firmen den Vertrag - mit Vorbehalt. Die offizielle Anfrage für die Ausfuhr von Rüstungsgütern stellte die Ruag allerdings erst später an den Bund. Der Bundesrat lehnte den Verkauf Ende Juni aus Gründen der Neutralität ab. Jedoch gab es anscheinend noch einen anderen Grund: Von den Panzern, die die Ruag an Rheinmetall veräussern wollte, hat das deutsche Logistikunternehmen GLS offenbar bereits 2019 25 Stück von der Ruag abgekauft, jedoch nie in Italien abgeholt.

Gegenüber der SonntagsZeitung sagte ein Insider, dass das gesamte Geschäft bei der Ruag “lausig dokumentiert” sei. Für den Rüstungskonzern ist das mittlerweile ein Problem, denn die GLS hat diese Woche nun auch öffentlich einen Eigentumsanspruch gestellt. Mit Leopard-Panzern lässt sich heute gutes Geld verdienen, da diese in der Ukraine gebraucht werden.

Am Mittwoch zeigten Recherchen von Radio SRF: Bei den Geschäften mit den Panzern war offenbar Korruption im Handel mit Ersatzteilen im Spiel. Eine deutsche Staatsanwaltschaft ermittelt seit eineinhalb Jahren und hat von der Schweiz bereits zweimal erfolgreich Rechtshilfe ersucht. Offiziell bestätigt ist, dass sich das Verfahren gegen fünf deutsche Staatsangehörige wegen des Verdachts der Untreue, der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr richtet. Die SonntagsZeitung berichtete heute, dass es angeblich um den Verkauf von Antriebsgruppen der Leopard-1-Panzer geht. Bei diesen Verkäufen soll es durch die deutsche Ruag-Gesellschaft und einem Zwischenhändler zu massiven Preissprüngen gekommen sein. Die NZZ schreibt, dass die Motoren mit einer Differenz von “angeblich gut 100 Prozent” beim Endkunden gelandet seien. Ausserdem sei ein Ex-Ruag-Mitarbeiter, gegen den die deutsche Staatsanwaltschaft ermittelt, familiär mit dem Zwischenhändler verbandelt. Ob bei diesem Geschäft tatsächlich Korruption im Spiel war, werden die Untersuchungen der deutschen Behörden zeigen müssen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Was jetzt passiert:
Das umstrittene Ukraine-Geschäft, die Ansprüche einer deutschen Firma und die nun bekannten Korruptionsermittlungen: Die Liste von Problemen bei der Ruag ist lang. Hinzu kommt, dass der Konzern seit Kurzem führungslos ist: Die bisherige Chefin trat nach umstrittenen Äusserungen zur Neutralität zurück.

Sowohl die Ruag selbst als auch Verteidigungsministerin Viola Amherd haben Anfang Woche eine Untersuchung zu den Wirren beim Rüstungsbetrieb in Auftrag gegeben. Auf politischer Ebene fordert die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SIK-N), dass die Ruag künftig besser und frühzeitig informiert, vor allem, wenn es um Vorkommnisse von erheblicher unternehmerischer und politischer Tragweite gehe. Vertieft geprüft werden müsse auch das Verhalten der Ruag-Spitze. Diese habe viel Schaden angerichtet, so SP-Nationalrätin Franziska Roth. “Das ist unprofessionell und es gibt einen wahnsinnigen Reputationsschaden, auch aussenpolitisch.”


Redaktionsschluss: 19:35
Weekly 34/2023

Headerbild von Milad Fakurian auf Unsplash

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