Weekly, KW04
Guten Abend aus der rethink-Redaktion.
Willkommen in der Kalenderwoche 4 von 52, gemeinsam schauen wir heute auf die vergangene Woche zurück:
Bundesrat verzichtet auf diplomatische Teilnahme an den Olympischen Winterspielen.
Wie die Bundeskanzlei am Mittwoch bekannt gab, habe der Bundesrat entschieden auf eine Teilnahme in Beijing zu verzichten. Begründet wird der Entscheid mit der angespannten Pandemie-Situation in der Schweiz und “da in China während den Spielen wegen gesundheitsbedingter Einschränkungen keine substantiellen bilateralen Treffen oder Kontakte mit Schweizer Athletinnen und Athleten möglich wären.”
Der Bundesrat werde die Schweizer Sportler:innen von zu Hause aus anfeuern.
Hintergrund:
Interessant ist dabei nicht der Verzicht sondern die Begründung des Bundesrates. Neben der Schweiz verzichten auch etwa Grossbritannien, Australien und die USA auf eine diplomatische Delegation. Diese begründen dies jedoch mit der Menschenrechtslage in der Volksrepublik China.
Am Freitag forderten 243 Nichtregierungsorganisationen einen diplomatischen Boykott. Unter Präsident Xi Jinping hätten Chinas Behörden massive Übergriffe gegen Uiguren, Tibeterinnen, andere ethnische Gruppen und Anhänger aller unabhängigen Glaubensrichtungen verübt, erklärte etwa die Organisation Human Rights Watch. Olympia könne keine “positive Kraft” entfalten, wenn die Regierung in Beijing schwere Verbrechen begehe und gegen internationales Recht verstosse, so die Human Rights Watch China-Direktorin Sophie Richardson.
Austragungsland China und auch Russland kritisieren die Entscheidung für einen Boykott scharf: “Olympische Spiele sollten frei von Politik sein”, so etwa ein russischer Regierungssprecher.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) teilte mit, es respektiere die Ankündigung eines diplomatischen Boykotts der Winterspiele.
Der Bundesrat hat in diesem Fall einen klassisch Schweizerischen Weg gewählt und sich für ein “Boyköttli” entschieden. Sich nicht an den internationalen Drohgebärden gegen China beteiligen, aber auch nicht vorwerfen lassen können, sich an den Olympischen Spielen von Xi Jinping um den Finger wickeln zu lassen.
Die 24. Winterspiele finden vom 4. bis 20. Februar in der chinesischen Hauptstadt Beijing statt.
Moderna startet klinische Studie für HIV-Impfstoff.
Das US-Amerikanische Biotechnologieunternehmen Moderna hat mit der Erprobung eines HIV-Impfstoffes auf mRNA-Basis begonnen. Das gab der Konzern am Donnerstag bekannt.
56 gesunde und HIV-negative Proband:innen haben im Rahmen einer Phase 1-Studie eine Dosis des Vakzins erhalten. Von den Freiwilligen erhalten 48 eine oder zwei Dosen des Impfstoffes und 32 zusätzlich die Auffrischungsimpfung. Die übrigen acht erhalten nur die Auffrischungsimpfung.
Hintergrund:
Die Verbreitung des “Humanes Immundefizienz-Virus” hat seit Anfang der 1980er Jahren bisher mindestens 39 Millionen Menschenleben gefordert. Eine HIV-Diagnose galt früher als Todesurteil, inzwischen kann eine Infektion mit einem Antibiotika-Cocktail unter Kontrolle gehalten werden und die Lebenserwartung einer HIV-infizierten Person unterscheidet sich nicht mehr von der einer HIV-negativen Person.
Der neue mRNA-Impfstoff von Moderna basiert auf Boten-Ribonukleinsäure. Dabei handelt es sich um eine Technologie, die die körpereigene Immunantwort stimuliert. mRNA-Impfstoffe enthalten Informationen zum “Bauplan” oder “Code” eines bestimmten Virusmerkmals. Anhand dieser Informationen kann der Körper dieses Antigen selbst produzieren.
Die Geschichte der mRNA-Technologie bei Impfstoffen reicht mehrere Jahrzehnte zurück. Weil die Anwendungen sich bisher in erster Linie auf die Krebstherapie mit relativ wenigen spezifischen Fällen bezogen, konnten die für eine Zulassung und Grossproduktion notwendigen Phase 3-Studien mit ihrer geforderten hohen Probandenzahl nicht durchgeführt werden.
Mit der Entdeckung des Sars-Cov-2 Virus und dem weltweit grossen Interesse an einem rasch verfügbarem Vakzin, stiegen die Investitionen in die mRNA-Technologie rapide an. Dieses Wissen - und die mittlerweile aufgebauten Entwicklungskapazitäten - helfen nun auch der Impfstoffentwicklung gegen andere Viren. So wie nun gegen das HI-Virus.
Anstrengende Woche in der italienischen Politik geht zu Ende.
Am Montag begann im Parlament in Rom die Wahl eines neuen Staatspräsidenten für Italien. Die Wahl gestaltete sich jedoch als äusserst schwierig und mühselig. Es gab keine offiziellen Kandidat:innen, die Parteipräsident:innen versuchen aber untereinander einen Kompromiss zu finden. Der ehemalige Ministerpräsidenten und Medienunternehmer Silvio Berlusconi zeigte noch im Oktober Interesse am Amt, nahm sich selbst jedoch noch letzten Samstag aus dem Rennen.
Ein weiterer möglicher Kandidat war der aktuelle Premierminister Mario Draghi. Seine Wahl zum Staatspräsidenten hätte allerdings die Ernennung eines neuen Regierungschefs erfordert, was sich die italienische Politik mit Blick auf die vergangenen Regierungsbildungen und mitten in der Corona-Pandemie nicht zutrauen wollte.
Die Wahl zog sich die ganze Woche hin und schlussendlich wurde Samstagabend, bis eine Lösung gefunden wurde:
Der alte Staatspräsident Sergio Mattarella ist auch der neue. Er wurde mit einer klaren Mehrheit wiedergewählt. Premierminister Mario Draghi hat Mattarella am Samstag am Rande einer Veranstaltung persönlich getroffen und ihn offenbar überzeugen können, zum Wohle des Landes weiterzumachen.
Es waren nicht die italienischen Parteien, es war Draghi. Das bedeutet: Mattarella hat seine Bereitschaft an das Weiterbestehen der Regierung Draghi geknüpft. Als Duo wollen Mattarella und Draghi Italien auf dem Reformkurs halten und dazu die 190 Milliarden Euro Coronahilfen aus Brüssel sinnvoll einsetzen. Gewonnen hat Italien. Auch die Menschen wollten eine zweite Amtszeit von Sergio Mattarella. Und verloren haben die Parteien. Der übliche Politpoker interessierte die Italienerinnen und Italiener kaum. Im Gegenteil, er sorgte für Ärger. Und das Spiel ging nicht auf. Vor allem der Chef der Lega, Matteo Salvini, versagte.
Als Chef der stärksten Partei, als Leader des Mitte-Rechts-Lagers, hätte er eine Kandidatur mit Zugkraft präsentieren müssen. Aber alle seine Vorschläge erwiesen sich als Platzpatronen. Zunächst sprach er sich gegen Mattarella aus, dann für eine Frau, und am Samstag musste er dann doch für den Amtsinhaber votieren.
Hintergrund:
Das Staatsoberhaupt in Italien wird für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählt und hat weitgehend repräsentative und formale Aufgaben. Das Amt ist in den vergangenen Jahren aber immer wichtiger geworden. So musste Amtsinhaber Sergio Mattarella mehrfach eingreifen um in politischen Krisen zu vermitteln.
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