Weekly, KW51
Guten Abend aus dem Epizentrum der Weihnachtsvöllerei, guten Abend aus der rethink-Redaktion.
Wir haben die Weihnachtstage hinter uns gebracht, Zeit noch einmal auf diese Woche zurückzublicken (okay, eigentlich auf die letzten zwei Wochen. Unser Schreiberling und und der IT-Verantwortliche sind bis heute im Streit darüber, an wem es gelegen hat, dass du letzte Woche kein Weekly erhalten hast. Aber da die beiden ein und dieselbe Person sind, sollte das bald gelöst sein…)
Item, kümmern wir uns um die Themen, die wichtig waren:
Neuer Anlauf für das Schweizer Co2-Gesetz.
Am 13. Juni schickte das Schweizer Stimmvolk das revidierte CO2-Gesetz den Bach ab. Am 17. Dezember präsentierte der Bundesrat nun einen neuen Anlauf, damit die Schweiz ihr Klimaziel erreichen kann. Die Devise: Mehr Anreize und Fördermassnahmen, weniger Abgaben und Verbote. Damit verzichtet Bundesbern auf die umstrittensten Massnahmen, die im Sommer zum Nein an der Urne geführt haben.
Das vor einer Woche vorgelegte Gesetz deckt den Zeitraum von 2025 bis 2030 ab und will bis 2030 die Schweizer Treibhausgasemissionen um 50 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren.
Hintergrund:
Gemäss dem Pariser Klimaabkommen, welches 2015 in Paris unterzeichnet wurde, muss die Schweiz Massnahmen ergreifen, damit ein Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur um mehr als 2°C verhindert werden kann.
Bis 2050 sollte bei Emissionen ein Netto Null erreicht werden, das heisst der Ausstoss an Treibhausgasen wie CO2 oder Methan wird durch neue Technologien und Verhaltensänderungen auf Null gesenkt oder durch technische Möglichkeiten aus der Atmosphäre entfernt.
Der Bundesrat möchte künftig 40 Prozent der Schweizer Emissionen im Ausland kompensieren, als statt national Anstrengungen zu unternehmen, lieber über Kompensationsprojekte ( wie Bäume pflanzen) die Emissions-Bilanz aufbessern. Das ist, als würde man beim Putzen den Schmutz unters Sofa kehren, in die Hände klatschen und dann die Stube als sauber deklarieren.
Was jetzt passiert:
Das Gesetz geht nun in die Vernehmlassung, diese dauert bis am 4. April 2022. In dieser Zeit können die vom Bundesamt für Umwelt angefragten Organisationen und Verbände wie auch interessierte Einzelpersonen Stellung beziehen.
Anschliessend geht das Gesetz ins Parlament zu Stände- und Nationalrat.
Klare Entscheidung der Stimmbevölkerung in Chile.
Chile hat am 19. Dezember bei einem Stichentscheid den linksgerichteten Gabriel Boric zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Boric hat sich dabei gegen den Rechtspopulisten Antonio Kast durchgesetzt. Der ehemalige Studentenführer und mit 35 Jahren bis dato jüngster Präsident Chiles, ist der erste dezidierte Linke in diesem Amt seit Salvador Allende, der 1973 durch einen Militärputsch gestürzt wurde.
Hintergrund:
Die Wahl galt in Chile als die wichtigste seit über 30 Jahre. Mit den beiden Kandidaten standen zwei komplett unterschiedliche Programme zur Wahl. Boric will für die Chileninnen und Chilenen kostenlose Schulen und Universitäten, eine existenzsichernde staatliche Rente, gute Gesundheitsversorgung auch für Menschen mit einer gesetzlichen Gesundheitsversicherung. Gegenkandidat Kast hingegen verherrlicht die Pinochet-Diktatur, wollte das Recht auf Waffenbesitz lockern und Abtreibungen verhindern.
Was jetzt passiert:
Die Wahl von Boric gilt auch als ein Vorentscheid für eine neue Verfassung Chiles, an der seit Sommer gearbeitet wird. Die aktuell gültige Fassung stammt noch aus der Zeit der Pinochet-Regierung. Die sozialen Proteste 2019 in Chile forderten die Abschaffung dieser Verfassung. Mit der Wahl Borics haben die Forderungen der jungen Chilen_innen nun den Weg von der Strasse in die etablierte Politik gefunden.
Recherche der „New York Times“ zu Kriegseinsätze mit Drohnen.
Die USA setzten seit Jahren Drohnen zur gezielten Tötung von Feinden in Syrien, Afghanistan und im Irak ein. Doch so gezielt, wie es dargestellt wird, sind die Attacken offenbar oft nicht. Das ist das Ergebnis einer Recherche der "New York Times". Die Zeitung wertete mehr als 1300 vertraulicher Regierungsdokumente aus. Ihrem Bericht zufolge widerlegen die Papiere die Darstellung der Regierung über einen Krieg mit "Präzisionsschlägen" gegen Dschihadisten.
Die USA stellen Drohnenangriffe als „chirurgisch präzsie“ Kriegsführung dar, da sie angeblich gezielte Tötungen ermöglichen, die weniger ziivile Opfer fordern. Die US-amerikanische Zeitung geht hingegen davon aus, dass mehre tausend zivile Menschen so ums Leben kamen, während die US-Behörden von 1600 getöteten Zivilist_innen in Afghanistan, Syrien und Irak sprechen.
Hintergrund:
Der Kriegseinsatz von Drohnen dürfte in Zukunft noch weiter zunehmen. Und die Systeme handelnd immer häufiger autonom, sie lernen also selbständig Ziele zu erkennen und anzugreifen. Letzte Woche scheiterte ein Vorstoss an der UN-Waffenkonvention in Genf, welche das Ziel hatte, solche Waffensystem international zu ächten. Widerstand leisteten hauptsächlich Russland, Israel und die USA.
Ebenfalls interessant:
Viele US-Drohneneinsätze im Nahen Osten werden nicht von US-Boden gesteuert, sondern auch auf der Luftwaffenbasis Ramstein in Deutschland. 2016 musste die deutsche Bundesregierung erstmals einräumen, dass die Bedeutung der Basis Ramstein von zentraler Bedeutung für den Drohnen-Krieg der USA ist. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied 2020 darüber, dass Deutschland nicht auf die Einhaltung der Menschenrechte US-Basis auf deutschem Boden hinwirken müsse. Die diplomatischen Bemühungen der deutschen Bundesregierung seien ausreichend und zwar unabhängig von der Frage, ob die US-Drohneneinsätze gegen das Völkerrecht verstossen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe muss nun über diesen Fall entscheiden.
Sebastians neuer Job
Nachrichtenmeldungen zufolge soll der österreichische Ex-Kanzler ein Jobangebot in den USA angenommen haben. Sebastian Kurz war bis Anfang Oktober Bundeskanzler, nach Ermittlungen wegen Verdachts auf Missbrauch trat er zurück und übernahm einen Sitz im Nationalrat. Diesen gab er im Dezember ebenfalls auf und kündigte seinen Rückzug aus der österreichischen Politik an. Er wolle sich nach der Geburt seines ersten Sohnes mehr auf die Familie konzentrieren. Über die Weihnachtstage wurde nun bekannt, dass er ein Angebot auf einen Managerposten im Silicon Valley in Aussicht habe.
Bereits kurz nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler gab es in der österreichischen Polit-Welt Gerüchte, dass Kurz attraktive Angebote aus der Privatwirtschaft erhalten habe.
Sebastian Kurz selber bestätigte die Meldungen nicht, sondern will konkrete Informationen erst zu Jahresanfang bekannt geben.
Hintergrund:
Die Vorwürfe gegen Kurz sind happig. Ermittelt wird wegen Verdachts der Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geht eigenen Angaben zufolge dem Verdacht nach, dass Gelder des Finanzministeriums zur Finanzierung von parteipolitisch motivierten und mitunter manipulierten Umfragen eines Meinungsforschungsinstituts verwendet wurden.
Durch sein Manöver mit dem freiwilligen Rücktritt und Wechsel in den Nationalrat, sowie später der komplette Rückzug aus der Politik hat er sich geschickt aus der Affäre gezogen und hat sich einem Misstrauensvotum gegen ihn als Kanzler entzogen. Kurz selbst beteuert seine Unschuld und hofft auf eine baldige Aufklärung.
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