rethink

View Original

Weekly, KW18

🕐: ca. 7 Min.

Guten Abend aus der rethink-Redaktion.

Hier folgt eine Auswahl der Geschehnisse der vergangenen Woche:

Pressefreiheit: Krisen, Kriege und Gewalt bedrohen Journalist:innen weltweit.

Am Dienstag - dem Welttag der Pressefreiheit - veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation “Reporter ohne Grenzen” (RSF) ihren jährlichen Bericht zur globalen Lage der Pressefreiheit. Neue Krisen und Kriege wie auch wieder aufgeflammte Konflikte gefährdeten die weltweite Pressefreiheit und brachten Journalistinnen und Journalisten auf der ganzen Welt in Gefahr.

Zusammen mit dem Bericht veröffentlicht RSF jeweils auch eine Rangliste von 180 Ländern. Spitzenreiter sind skandinavische Länder, zum sechsten Mal in Folge liegt Norwegen auf Platz 1, danach folgen Dänemark und Schweden. Alle Länder verbindet eine grosse Unabhängigkeit der Medien von der Politik, eine hohe Medienvielfalt und starke Informationsfreiheitsgesetze.

Hingegen haben Länder wie die Schweiz, Österreich und Deutschland deutliche Einbussen gemacht. 

Die Schweiz fällt nach sechs Jahren in den Top10 auf Platz 14, Deutschland von 13 auf 16 und Österreich liegt mit Platz 31 (Vorjahr 17) nun hinter Ländern wie Costa Rica, Osttimor oder Namibia.

In allen drei deutschsprachigen Staaten sind laut Reporter ohne Grenzen unterschiedliche Gründe für den Verlust an Pressefreiheit verantwortlich.

Lage in der Schweiz:

In der Schweiz führte eine Änderung der Messmethode zur Medienvielfalt zu einer Einbusse. Die Vielfalt hat mit Zusammenlegung und Abbau von grossen Redaktion in der Schweizer Medienlandschaft aber tatsächlich gelitten. Zum anderen gibt es in der Schweiz auch auf gesetzlicher Ebene einige Entwicklungen, die aus Sicht der Pressefreiheit zu denken geben. So ist zurzeit die Revision der Zivilprozessordnung im Parlament hängig. “Vereinfacht gesagt geht es darum, die Hürde für vorsorgliche Massnahmen gegen eine mögliche unliebsame Berichterstattung zu senken. Man könnte eine Medienberichterstattung juristisch schneller als heute ausbremsen”, erklärte der SRF-Medienredakteur Salvador Atasoy. Eine weitere Rolle spielt wohl die Recherche “Suisse Secrets”, bei der Investigativ-Journalist:innen Datensätze über die Credit Suisse ausgewertet haben. Schweizer Redaktionen waren keine daran beteiligt, es drohten ihnen dank dem Schweizer Bankengesetz juristische Konsequenzen.

Lage in Deutschland: 

Die Pressefreiheit hat sich im Vergleich zu 2021 um drei Plätze verschlechtert. Für diese Entwicklung sind drei Gründe zentral: eine Gesetzgebung, die Journalist:innen sowie ihre Quellen gefährdet, abnehmende Medienvielfalt sowie allen voran Gewalt bei Demonstrationen. 


Die Zahl der gewaltsamen Angriffe gegen Medienschaffende lag mit 80 verifizierten Fällen so hoch wie noch nie, schreibt Reporter ohne Grenzen. Die meisten der Angriffe (52 von 80) ereigneten sich bei Protesten des „Querdenken”-Spektrums gegen Corona-Massnahmen, an denen regelmässig gewaltbereite Neonazis und extrem rechte Gruppen teilnahmen. Medienschaffende wurden bespuckt, getreten, bewusstlos geschlagen. Betroffene klagten häufig über mangelnde Unterstützung durch die Polizei. Zudem wurden 12 Angriffe der Polizei auf die Presse dokumentiert.

Lage in Österreich: 

Stand unser östlicher Nachbar 2019 noch auf Platz 11, reichte es in diesem Jahr nur noch für Platz 31. Dabei sei das, was hauptsächlich für die blamable Rückreihung verantwortlich ist, seit vielen Jahren bekannt, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Es werde mit Begriffen wie “Inseratenkorruption” und “Boulevarddemokratie” treffend beschrieben - Bezeichnungen, die in Deutschland und der Schweiz nicht geläufig sind. Aus gutem Grund. 

Denn in Österreich gibt es enge - und für eine Demokratie zu enge - Beziehungen zwischen Politik und Medien, zu denen noch finanzielle Abhängigkeiten kommen. Das ganze System wurde treffend in dem Satz “Wer zahlt schafft an” zusammengefasst. 

Durch die im vergangenen Jahr bekannt gewordenen Chats des ÖVP-Strategen Thomas Schmid kamen die seit Jahrzehnten bekannten Probleme der gekauften Berichterstattung an die Öffentlichkeit. Und führten schlussendlich auch zum Rücktritt von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen - der sich in tagesaktuellen Themen normalerweise zurückhält - meldete sich prompt zu Wort und erkannte Handlungsbedarf bei der Pressefreiheit. Die für Medien zuständige Ministerin Susanne Raab (ÖVP) liess allerdings lediglich verlauten, sie wolle sich das Bewertungssystem “genau ansehen”. Das lässt den Verdacht aufkommen, dass man sich mit den Kriterien und nicht mit dem Ergebnis auseinandersetzt.

Extreme Hitze in Pakistan und Indien dauert an.

Seit März leiden Hunderte Millionen Menschen in Nordindien und Pakistan unter mehreren ungewöhnlichen Hitzewellen. Im April betrugen die Temperaturen vielerorts bereits mehr als 45 Grad und überschritten letztes Wochenende die 50 Grad Marke. Ob diese Hitzewelle direkt auf den Klimawandel zurückzuführen ist, sei noch schwer zu sagen, sagte eine Sprecherin der Weltwetterorganisation (WMO) in Genf. Solche Ereignisse stimmten aber mit den Prognosen der Klimaforscher:innen überein, dass der Klimawandel in Südasien häufigere und intensivere Extremwetterereignisse begünstigt.

Mit Satelliten wurden auf dem indischen Subkontinent teilweise Bodentemperaturen von über 60 Grad Celsius gemessen. Ab 50 Grad beginnen die Temperaturen, mit denen man ein Filet garen kann. Auch für kerngesunde Menschen ist diese Temperatur eine starke Kreislauf­belastung. Dazu kommt, dass in Häuser­schluchten von Gross­städten oder abseits von Grünflächen diese Hitze nochmals schwerer aushaltbar wird.

Die Rekordtemperaturen schädigen auch die Weizenernte in Indien. Seit März verkümmerte das Getreide unter der Hitze auf den Feldern. Besonders betroffen ist der nördliche Bundesstaat Punjab. Die Region gilt als Kornkammer Indiens und liefert die grösste Menge für die indischen Nahrungsmittelreserve. Die Zentralregierung hatte gehofft, ein Drittel der diesjährigen Menge für die Reserve in Punjab kaufen zu können. Doch inzwischen rechnet man mit 25 Prozent weniger, teilten Agrarexperten mit. Die Regierung in Neu-Delhi hatte zudem eigentlich geplant, Lieferausfälle aus der Ukraine wegen des russischen Angriffskriegs dort mit eigener Produktion zu kompensieren und zudem noch Weizen zu exportieren. Das ist nun ungewiss, weil die Regierung allein 25 Millionen Tonnen Weizen für ihr Sozialprogramm benötigt, das mehr als 80 Millionen Menschen ernährt.


Redaktionsschluss: 18:20
Weekly 18/2022

© rethink-blog 2022