Weekly, KW44
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Guten Abend aus der rethink-Redaktion.
Willkommen zum Nachrichtenrückblick der Woche. Heute mit diesen Themen:
Dänemark versucht es mit einer neuen Regierungskoalition, Kritik an Olaf Scholz China-Reise und unser Fokus: Der Rücktritt von Simonetta Sommaruga.
SP-Bundesrätin Sommaruga tritt Ende Jahr zurück.
2010 ist die ausgebildete Pianistin Simonetta Sommaruga als Nachfolgerin von Moritz Leuenberger in den Bundesrat eingetreten. Acht Jahre stand sie dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) vor, bevor sie 2019 das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) übernahm. Ihre politische Karriere begann sie als Gemeinderätin. später National- sowie Ständerätin und oberste Konsumentenschützerin der Schweiz.
Hintergrund:
Der Rücktritt komme auch für sie “abrupt und früher” als geplant, wie sie an der Medienkonferenz am Mittwoch sagte. Sie begründet ihren Rücktritt damit, dass ihr Mann, der Schriftsteller Lukas Hartmann, vor zwei Wochen einen Schlaganfall erlitten habe. Sichtlich bewegt legte die Bundesrätin dar, dass sie nach diesem plötzlichen Einschnitt in ihrem Leben nicht einfach so weitermachen könne wie bisher, mit einem Leben, in dem das Amt immer höchste Priorität hat und eine permanente zeitliche und innere Präsenz verlangt. Sie wolle jetzt ihre Schwerpunkte im Leben anders setzen. Diesem Entscheid für ihren Mann, für die Familie, ist höchster Respekt zu zollen.
Sommaruga sagt, sie sei dankbar für die zwölf Jahre, die sie in der Regierung arbeiten konnte. Während ihrer ganzen Karriere sei es ihr Ziel gewesen, “Rücksicht zu nehmen auf jene, die es weniger gut haben, und Lösungen zu finden, die für viele “verheben”.”
Sommarugas Bilanz bei Volksabstimmungen ist durchzogen, die letzten drei Referendums-Abstimmungen hat sie vor dem Volk verloren. Schon als Justizministerin musste sie Niederlagen einstecken, die weh taten: Das Volk nahm sowohl die Aussschaffungs-Initiative wie die Masseneinwanderungs-Initiaitve der SVP an - beides Geschäfte, für die Sommaruga zuständig war und gegen die sie gekämpft hatte.
Allerdings ist sie äusserst hartnäckig und kann aus Niederlagen lernen. Aus der Niederlage beim CO2-Gesetz etwa, zog sie ihre Lehren; sie brachte letztes Jahr eine neue Vorlage ohne die umstrittensten Punkte ins Parlament. Dabei spielte ihr eine weitere Eigenschaft in die Karten: Sie kann gut zuhören und die Leute an einen Tisch bringen.
Den Höhepunkt ihrer Bundesrats-Laufbahn fand sie ausgerechnet in einer Rolle, die ihr eigentlich nicht liegt: die der Landesmutter. Am 16. März 2020 musste sie als Bundespräsidentin dem Volk den Pandemie-Lockdown verkünden und tat dies mit dem denkwürdigen Zitat: «Jetzt muss ein Ruck durchs Land gehen!» Sommaruga, die sonst von vielen als berechnend und taktierend wahrgenommen wird, fand in jenem Jahr den Zugang zu den Menschen und zu jedem Zeitpunkt und jedem Anlass den richtigen Ton und die richtigen Worte.
Was jetzt passiert:
Die Nachfolge wird am 7. Dezember, zusammen mit der Nachfolge für den abtretenden SVP-Bundesrat Ueli Maurer von der Bundesversammlung ( National- + Ständerat) gewählt. Die SP legte bereits am Mittwoch fest, dass die Auswahl der offiziellen Nachfolgenden nur für Frauen offen sei. Grund: Eine SP-Frau geht, eine SP-Frau rückt nach. Mit Alain Berset ist bereits ein männlicher SP-Bundesrat in der Landesregierung vertreten.
Die SP-Bundeshausfraktion entscheidet am 26. November über die Namen, die dem Parlament zur Wahl genannt werden.
Bis jetzt hat sich noch keine Frau öffentlich zur Verfügung gestellt, einige überlegen es sich noch. So etwa die Basler-Ständerätin und ehemalige Regierungsrätin Eva Herzog oder die frühere Aargauer-Ständerätin Pascale Bruderer.
Dänemark - Neuausrichtung einer Wahlgewinnerin.
In Dänemark wurde am Dienstag gewählt. Stärkste Kraft mit 27.5 Prozent der Stimmen wurde erneut die sozialdemokratische Partei und die Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Trotzdem kündigte Frederiksen den Rücktritt ihrer Regierung. Seit Mittwoch amtet sie nun als “Untersucherin” und wurde von Königin Margrethe damit beauftragt, eine neue Regierung zu bilden.
Hintergrund:
Seit 2019 führte Frederiksen Dänemark mit einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung, die im Parlament meistens auf die Unterstützung linksgerichteter Parteien setzte.
Die Wahl fand rund sieben Monate vor dem regulären Wahltermin statt. Der vorgezogene Urnengang ist eine Folge des Nerz-Skandals, durch welchen Frederiksen in heftige Kritik geriet. Im November 2020 mussten alle zur Pelzherstellung gezüchteten Nerze getötet werden. Das Coronavirus sei in den Tieren mutiert und habe sich auch auf den Menschen übertragen. Erst im Nachhinein stellte sich heraus, dass für die Tötung die Rechtsgrundlage gefehlt hatte - sie musste im Nachhinein erst geschaffen werden. Das brachte der Ministerpräsidentin eine Rüge des Parlaments ein sowie ein Ultimatum der Partei Venstre ein. Die Oppositionspartei forderte Frederiksen auf, Neuwahlen auszurufen, sonst drohe ihr ein Misstrauensvotum.
Was jetzt passiert:
Die Sozialdemokratin Mette Frederiksen strebt nun eine breite, blockübergreifende Regierung mit Parteien beider Seiten an. Die liberale Venstre liess nach einem Sondierungsgespräch verlauten, dass das Treffen gut verlief, aber es für eine Zusammenarbeit schwierig aussehe. Der ehemalige Regierungschef Lars Løkke Rasmussen, mit seiner Partei Moderaterne, Dritter der Parlamentswahl äusserte sich nach seinem Gespräch mit Frederiksen nicht. Im Wahlkampf forderte Rasmussen, es werde nur zu einer Zusammenarbeit kommen, wenn die Regierungschefin einer juristischen Prüfung des Nerz-Skandales zustimme.
Olaf Scholz auf China-Besuch.
Der deutsche Bundeskanzler reiste am Freitag für einen Blitz-Staatsbesuch nach Peking. Dort traf er und eine deutsche Wirtschaftsdelegation den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping.
Hintergrund:
Kurz vor seiner Abreise kündigte Scholz in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” einen Kurswechsel gegenüber China. Im Gastbeitrag schrieb der SPD-Politiker: “Das China von heute ist nicht mehr dasselbe wie noch vor fünf oder zehn Jahren. [...] Es ist klar: Wenn sich China verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern.”
Olaf Scholz kündigte auch an, “schwierige Themen” wie die Achtung der Menschenrechte nicht ausklammern zu wollen.
Scholz steht zurzeit für seinen Umgang mit China in Kritik - auch innerhalb seiner Regierungskoalition. Grüne und FDP drängen auf eine Umdenken in der bisherigen Handelspolitik Deutschlands gegenüber China. Doch eine solche hat Scholz nicht im Sinn. Immerhin reiste er mit einer Wirtschaftsdelegation nach Peking.
Vor einer Woche gab Bundeskanzler Scholz grünes Licht für den Einstieg der chinesisch-staatlich kontrollierten Reederei in einen Teil des Hamburger Containerhafens. Zwar dürfen die Chinesen nur 24,9 statt den gewünschten 34 Prozent der Aktien übernehmen und erhalten dazu keinen Einsitz in die Geschäftsleitung. Koalitionspartner Grüne und FDP hatten sich grundsätzlich gegen einen Einstieg der chinesischen Reederei in Hamburg gewehrt. Sie begründeten dies damit, dass ein Hafen zur kritischen Infrastruktur gehöre und angesichts der Erfahrungen mit Russland nicht in ausländische Hände geraten dürfe.
In der Pressekonferenz nach dem Treffen sprach Ministerpräsident Li Keqiang von einer “pragmatischen Zusammenarbeit”. Scholz hat fast alle strittigen Themen angesprochen - mal mit mehr, mal mit weniger Nachdruck. Die Verfolgung der Uiguren deutete er nur an. Was genau hinter den verschlossenen Türen gesprochen wurde, bleibt unklar.
Johannes Vogel, Vize-Chef der FDP sah trotz aller Kritik an der Reise auch Chancen. Vorallem zum Standpunkt Chinas gegenüber Russland. Bis jetzt bezog Xi Jinping keine Position im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Weder für noch gegen Russland. In den nächsten Tage und Wochen werde er genau darauf achten, ob es Signale von China gibt, dass mit Blick auf Russland etwas erreicht werden konnte.
Andere Auswirkungen dieses Kurztrips lassen sich jetzt schon absehen. Für die Wirtschaft war es wichtig, dass Scholz keine Abkehr von China signalisiert. Und einen Erfolg konnte Scholz direkt vor Ort vermelden: Dem Impfstoffhersteller BioNTech wird der Zugang zum riesigen chinesischen Markt gewährt. Erst einmal sollen nur "Expatriates", also in China lebende Ausländer, sich damit impfen lassen können. Er hoffe, so Scholz, dass es bald mehr Berechtigte gebe, "bis hin zu einer allgemeinen Verfügbarkeit des BioNTech-Impfstoffes".
Waffenstillstand in Äthiopien.
Wir berichteten bereits letzte Woche über Friedensverhandlungen zum verheerenden Tigray-Konflikt am Horn von Afrika. Letzten Mittwoch haben die äthiopischen Regierungstruppen und die Volksberfreiungsfront von Tigray in Südafrika einen Waffenstillstand vereinbart. Das Abkommen soll den zweijährigen blutigen Konflikt beenden, der in der Region mit sechs Millionen Menschen Einwohnern eine humanitäre Krise ausgelöst hat. Ein fünfmonatiger Waffenstillstand zwischen der äthiopischen Regierung und den Kräften in Tigray war im August gescheitert und hatte zu neuen Kämpfen geführt. Jetzt erklärten beide Seiten, “die Waffen dauerhaft zum Schweigen zu bringen und den Konflikt zu beenden.”
Kulturempfehlung:
Einmal barfuss ein Museum entdecken? Dabei die Natur aus einer neuen Sichtweise erleben und über die ganz grossen Fragen sinnieren? Das bietet aktuell die Ausstellung “Natur, und wir?” in Lenzburg.
Mehr zu lesen gibt es dazu in unserem neuesten Artikel: hier lesen
Das war’s somit von uns für diese Woche, vielen Dank für Dein Vertrauen. Wir lesen uns nächste Woche.
Redaktionsschluss: 16:10
Weekly 44/2022
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