Weekly, KW 11
Guten Abend aus der rethink-Redaktion.
Heute mit Freddy, einem Tropensturm, der besonders in Malawi für massive Verwüstung sorgte, der Grossbank Credit Suisse, die seit dieser Woche noch mehr in der Krise steckt als all die Monate zuvor. Und wir schauen nach Berlin, wo sich der Bundestag eine Verschlankungskur verschrieb. Nicht zur Freude aller Parteien.
Tropensturm Freddy.
Der Zyklon Freddy hatte letztes Wochenende und Anfang dieser Woche bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Monats im Südosten Afrikas eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Freddy traf am 21. Februar in Madagaskar das erste Mal auf Land und erreichte drei Tage später Mosambik. In einer seltenen Schleifenbahn kehrte der Zyklon auf den Indischen Ozean zurück, um anschliessend mit noch grösserer Wucht und noch mehr Regen erneut auf Madagaskar und Mosambik zu treffen und schliesslich Malawi zu erreichen.
Malawi, ein Staat mit etwa 20 Millionen Einwohner:innen, ist nicht direkt am Indischen Ozean gelegen, sondern weiter im Landesinneren. Die Katastrophenschutzbehörde sprach am Freitag von 438 Toten. Etwa 345’000 Menschen seien in dem Land von den starken Regenfällen, Fluten und Erdrutschen betroffen. Das Hilfswerk UNICEF der Vereinten Nationen sprach von heftigen Stürmen mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 Stundenkilometern und sintflutartigen Regenfällen. In einigen Regionen habe es an einem Tag so viel geregnet wie normalerweise in einem Monat.
Zehntausende sind obdachlos geworden, meldeten die Behörden. In Mosambik verloren mindestens 49’000 Menschen ihr Dach über dem Kopf. Bereits seit vergangenem September kämpft Mosambik mit der Eindämmung des Choleraausbruchs, berichtet UNICEF weiter. Die derzeitige Lage verschlimmere die Situation dramatisch. Durch verunreinigtes Wasser steigt die Gefahr, dass sich ansteckende Krankheiten schnell ausbreiten.
Der seit mehr als einem Monat wütende Sturm dürfte nach Angaben der Weltwetterorganisation der am längsten anhaltende Zyklon seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sein. Freddy wurde am 6. Februar zum Zyklon erklärt - also zum starken tropischen Wirbelsturm. Der Süden Afrikas befindet sich derzeit in der Zyklonsaison, die bis März oder April Regen und schwere Stürme mit sich bringen kann.
Deutscher Bundestag soll schrumpfen.
Nach jahrelangem Streit hat der deutsche Bundestag am Freitag eine Wahlrechtsreform beschlossen. Ein Entwurf der regierenden Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP erreichte die erforderliche einfache Mehrheit. Das Parlament soll auf 630 Sitze begrenzt werden. Derzeit sind es 736.
Erreicht werden soll die Verkleinerung, indem auf Überhang- und Ausgleichsmandate verzichtet wird. Bei einer Bundestagswahl hat jede Wählerin in Deutschland zwei Stimmen. Mit der Erststimme wählt sie einen Abgeordneten in den 299 Wahlkreisen. Über die proportionale Sitzverteilung entscheidet die Zweitstimme. Holt eine Partei in einem Bundesland per Erststimme mehr Sitze als ihr per Zweitstimme zustünden, durfte sie bisher diese Sitze als sogenannte Überhangsmandate behalten. Die anderen Parteien erhielten dafür Ausgleichsmandate. Nach den neuen Regeln kann es künftig vorkommen, dass eine Kandidierende ihren Wahlkreis zwar direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht.
Zukünftig soll auch eine strikte Fünf-Prozent-Hürde gelten. Somit ziehen nur solche Parteien in den Bundestag ein, die bundesweit mehr als 5 Prozent der Wählerstimmen erhalten. Die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt. Sie sorgte bisher dafür, dass Parteien auch dann in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte bei der Wahl 2021 die Linkspartei. Je nach Wahlergebnis könnte das in Zukunft auch Konsequenzen für die CSU haben, die nur im Bundesland Bayern antritt, aber bei der vergangenen Wahl bundesweit gesehen auf 5.2 Prozent der Stimmen kam.
Wenig überraschend kündigten die Christdemokraten - bestehend aus CSU und CDU - und die Linkspartei jeweils einen Klage vor dem Verfassungsgericht an.
SPD, Grüne und FDP argumentierten, dass die Verkleinerung alle Parteien gleichermassen treffe. Die Reform sei damit fair und verfassungsgemäss.
Credit Suisse in der Krise.
Seit mehreren Monaten wankt die zweitgrösste Schweizer Bank Credit Suisse. Mal mehr, mal weniger. Seit Mitte Woche geht es nun steil bergab. Die Grossbank hat zuletzt unter erheblichem Vertrauensverlust der Anleger:innen gelitten. Der Aktienkurs war am Mittwoch auf ein Rekordtief gefallen, nachdem der grösste Investor, die Saudi National Bank, die Bereitstellung von weiterem Kapital ausgeschlossen hatte und die Credit Suisse weiter mit Geldabflüssen zu kämpfen hatte.
Politik, Zentralbanken und Aufsichtsbehörden in Europa und den USA werfen in den letzten Tagen einen besonders scharfen Blick auf die Vorgehen in der Schweiz. Die französische Premierministerin rief etwa die Schweizer Behörden dazu auf, die Probleme der CS zu lösen.
Noch am Mittwochabend gaben die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma und die Schweizerische Nationalbank SNB bekannt, dass sie der Credit Suisse bei Bedarf Liquidität zur Verfügung stellen werden. Die Grossbank erfülle die an systemrelevante Banken gestellte Anforderungen an Kapital und Liquidität, so die SNB. Dieses Vorgehen sollte hauptsächlich für Beruhigung am Finanzmarkt sorgen. Denn noch hat die Credit Suisse genügend flüssige Mittel. Sie leidet jedoch an massivem Vertrauensverlust, vor allem in die Führung des Konzerns. Viele Kund:innen zogen darum in den letzten Monaten ihr Geld ab, in dieser Woche nun noch stärker.
Am Donnerstag wurde dann klar: Die CS leiht sich bis zu 50 Milliarden Schweizer Franken von der Schweizerischen Nationalbank, um die Liquidität sicherzustellen. Für Beruhigung sorgte dies allerdings weiterhin nicht. Am Freitag brachten verschiedene Medien, darunter die britische “Financial Times", die in den vergangenen Tagen immer wieder als Erste Informationen zur Verfügung hatte, eine mögliche Übernahme durch die UBS ins Spiel. Nach Angaben der Financial Times soll sich die Nummer 1 in der Schweiz, die UBS, in Übernahmegesprächen mit der CS befinden.
Samstag: Der Bundesrat trifft sich am Abend in Bern zu einer Sondersitzung. Offiziell wollen sich weder die Behörden noch die beiden Grossbanken zu den Verhandlungen äussern. Die UBS soll im Falle einer möglichen Übernahme Staatsgarantien in Milliardenhöhe gefordert haben. Die Garantien sollen die Kosten für die Abwicklung von Teilen der CS decken, wie auch potenzielle Kosten für Rechtsstreitigkeiten.
Heute Morgen dann erneut eine Sitzung in Bern. Neben dem Bundesrat nahmen nach Medienberichten zufolge auch Vertreter:innen der UBS, SNB und Finma teil. Das Eidgenössische Finanzdepartement wollte das Treffen auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA nicht kommentieren. Am Mittag dann das Kaufangebot: Die UBS wolle die CS für eine Milliarde US-Dollar übernehmen. Die Credit Suisse solle das Angebot aber abgelehnt haben. Sie werde dabei unterstützt von ihrer grössten Aktionärin, der Saudi National Bank. Die CS, die am Freitag mit einem Marktwert von rund 7.4 Milliarden Franken schloss, ist laut dem Nachrichtenmagazin Bloomberg der Ansicht, dass das Angebot zu niedrig sei und den Aktionärinnen und Angestellten schaden würde.
Nun steht auch eine mögliche Verstaatlichung der CS im Raum. Das bedeutet, dass der Staat die Verantwortung über die Credit Suisse übernehmen würde. Je nach Ausgestaltung ganz oder teilweise. Dann wären die Rechte und Pflichten beim Staat. Er würde damit auch für die Risiken und allfällige Kosten einstehen oder zumindest für einen Teil. Störend daran ist, dass die Allgemeinheit für die Fehler und Misserfolge der CS aufkommen muss. In der Finanzkrise vor 15 Jahren stieg der Staat bei der UBS ein. Auch wenn damals die Situation der UBS eine andere war als heute bei der CS. Die Nationalbank und der Bund stellten damals insgesamt 68 Milliarden Franken bereit.
Für heute Abend hat der Bundesrat zu einer wichtigen Medienkonferenz eingeladen. Die genaue Uhrzeit und die Teilnehmenden werden gemäss Einladung kurzfristig bekannt gegeben. Bereits gegen 18 Uhr sollen Parteien und Behörden über die Pläne mit der CS vorab informiert werden.
Klar ist: Bis Montagmorgen, noch bevor die Börsen ihre Arbeit aufnehmen, soll eine Lösung bereitstehen. Niemand will das Risiko eines erneuten Aktiensturzes der Credit Suisse eingehen, und die Schweiz will sicher nicht als Auslöser eines grösseren Finanzbeben dastehen.
Das war’s von uns für diese Woche, vielen Dank für dein Vertrauen. Wir lesen uns nächsten Sonntag.
Redaktionsschluss: 17:30
Weekly 11/2023
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