Weekly, KW 20
Guten Abend aus der rethink-Redaktion.
Die 70. Ausgabe des Weekly starten wir heute mit einem Rückblick auf mehrere Wahlen am vergangenen Sonntag. Und ausserdem geht es um zwei Gipfeltreffen diese Woche.
Es waren Wahlen.
Über die Hintergründe der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei haben wir bereits letzte Woche ausführlich berichtet. Nun ist klar: Weder Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan noch Herausforderer Kemal Kilicdaroglu erreichten auf Anhieb mehr als 50 Prozent der Stimmen. Damit gehen beide in eine Stichwahl, die in einer Woche am 28. Mai stattfindet.
Erdogan wird mit einem leichten Vorsprung in die Stichwahl gehen, da seine Partei AKP die Mehrheit im Parlament erlangte. Er wird nun argumentieren, dass die Stimme an ihn gehen muss, damit er zusammen mit der Mehrheit im Parlament Stabilität ins Land bringen kann.
Thailand:
Ebenfalls letzten Sonntag wurde in Thailand gewählt. Die Stimmbevölkerung konnte 500 Sitze im thailändischen Parlament neu besetzen. Siegerin der Wahl ist die pro-demokratische Move Forward-Partei, die rund 150 Sitze gewann. Ihr Spitzenkandidat Pita Limjaroenrat hat angekündigt, zusammen mit sieben weiteren Parteien eine Koalitionsregierung zu bilden. Zusammen kämen sie auf 313 der 500 Sitze im Abgeordnetenhaus.
Die acht Parteien wollen Morgen Montag einen Absichtserklärung zu Koalitionsverhandlungen unterzeichnen. Das Datum ist bedeutsam. Genau vor neun Jahren, am 22. Mai 2014, hatte sich das Militär an die Macht geputscht.
Doch noch ist nicht sicher, ob die Koalition den Regierungspräsidenten stellen kann. Denn dieser wird in Thailand von den 500 Abgeordneten zusammen mit 250 vom Militär ernannten Senator:innen gewählt. Nach ihrem Putsch 2014 hatten die Generäle, die bis heute an der Macht sind, eine entsprechende Verfassungsänderung zu ihren Gunsten vorgenommen. Ein Kandidat braucht also 376 Stimmen, um Regierungschef zu werden. Es gilt als fraglich, ob Senatoren die Opposition unterstützen werden. Die Wahl wird für Ende Juli oder Anfang August erwartet.
Die Move Forward Partei versprach im Wahlkampf, wieder zur Demokratie zurückzukehren. Ausserdem soll das Gesetz zur Majestätsbeleidigung abgeschafft werden. Wer sich in Thailand kritisch zur Monarchie äussert, drohen bis zu 15 Jahren Haft.
Kanton Luzern:
Vergangenen Sonntag fand im Kanton Luzern der zweite Wahlgang des Regierungsrates statt. Nach acht Jahren schafft die SP den Sprung in die Luzerner Regierung zurück. Und erstmals in der Geschichte des Kantons sitzen nun zwei Frauen im fünfköpfigen Regierungsrat. Allerdings war die Regierung vorher auch acht Jahre lang vollständig in Männerhand.
Im zweiten Wahlgang komplettieren Armin Hartmann (SVP) und Ylfete Fanaj (SP) das Gremium. Hartmann konnte dabei den SVP-Sitz seines abtretenden Parteikollegen Paul Winiker verteidigen.
Ylfete Fanaj übernimmt den Sitz im Regierungsrat vom parteilosen Marcel Schwerzmann, der nicht mehr angetreten ist. Sie will jenen eine Stimme geben, die noch zu wenig gehört werden. Einfach wird es Fanaj allerdings nicht haben in der Luzerner Regierung: Ihr gegenüber stehen ein Vertreter der SVP, einer aus der FDP und zwei Vertreter:innen der Mitte.
Gipfeltreffen der G7-Staaten und der Arabischen Liga.
Im japanischen Hiroshima trafen sich dieses Wochenende die wichtigsten sieben Industrienationen der Welt. Deutschland, Frankreich, Italien, Kanada, Grossbritannien, die USA und Gastgeber Japan haben sich im Entwurf ihrer Abschlusserklärung zu konstruktiven und stabilen Beziehungen zu China bekannt. Wirtschaftlich wollen sich die Länder aber unabhängiger machen.
Die Corona-Pandemie und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hätten die Schwachstellen in den Lieferketten von Ländern auf der ganzen Welt offengelegt, heisst es in der Erklärung. Die G7-Politik ziele nicht darauf ab, China zu schaden oder seinen wirtschaftlichen Fortschritt zu vereiteln. Ein wachsendes China, das sich an die internationalen Regeln hält, wäre im Interesse der Welt und die G7-Staaten wollten konstruktive und stabile Beziehungen zu China aufbauen, heisst es weiter. Aufgrund der Grösse der Wirtschaft und seiner Rolle in der Weltgemeinschaft sei es wichtig, mit China bei globalen Herausforderungen zu kooperieren.
Ebenfalls ein Treffen auf höchster Stufe veranstaltete die arabische Liga diese Woche. Die internationale Organisation bestehend aus 22 Staaten aus Afrika und Asien traf sich in Dschidda am Roten Meer. Nach über einem Jahrzehnt internationaler Isolation wurde auch der syrische Machthaber Baschar al-Assad willkommen geheissen. Zwölf Jahre ist es her, dass aus friedlichen Protesten gegen das syrische Regime ein blutiger Bürgerkrieg wurde. Mehr als 350’000 Menschen starben, mehr als 14 Millionen Syrer:innen wurden vertrieben. Mit äusserster Härte ging Machthaber Assad gegen die eigene Bevölkerung vor. Nur durch militärische Unterstützung Russlands und des Iran konnte er sich an der Macht halten, international wurde Assad zur Persona non grata.
Auch in der Region distanzierten sich einstige Unterstützer vom Regime und unterstützten im Krieg die Opposition. 12 Jahre nachdem Syriens Mitgliedschaft in der Arabischen Liga ausgesetzt wurde, war Baschar al-Assad nun wieder zu einem Treffen eingeladen. Für ihn ist die Teilnahme ein grosser symbolischer Erfolg. Dabei hofft Assad auch auf finanzielle Unterstützung der arabischen Länder. Nach zwölf Jahren Krieg ist das Land komplett zerstört. Es ist allerdings fraglich, ob und wie viel Geld tatsächlich fliessen wird. Denn noch immer haben die EU und USA umfassende Sanktionen verhängt. Theoretisch gelten diese auch für Staaten, die dem syrischen Regime Geld geben.
Dass sich die Liga wieder Syrien annähert, ist Saudi-Arabien zuzuschreiben. Das Land gilt als Schwergewicht in der Region. Als es sich entschied, Assad wieder in den Bund aufzunehmen, unterstützen die restlichen Länder diesen Schritt. Saudi-Arabien hofft insbesondere auf Frieden in der Region. Und darauf, den Einfluss von Iran in Syrien zu verringern, wenn sich Baschar al-Assad wieder mehr Richtung Saudi-Arabien und den restlichen Staaten der Liga zuwendet.
Überraschend traf auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am Donnerstag in Dschidda ein. Er wolle dort die bilateralen Beziehungen zu den Staaten der arabischen Liga stärken, schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Die Beziehungen zu Syrien dürften dabei wohl nicht mitgemeint sein - das Regime von Assad ist eine der der wenigen Regierungen weltweit, die die völkerrechtswidrigen Annektierungen der Gebiete Cherson, Saporischja, Donezk und Luhansk durch Russland anerkennt.
Selenski äusserte dann auch Kritik an einigen der 22 Mitgliedsländer. Mehrere Teilnehmer hätten eine andere Ansicht zum Krieg gegen sein Land und bezeichneten den Krieg als Konflikt.
Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman bekräftigte seine Unterstützung für einen Friedensprozess und bot sich auch Vermittlungen zwischen der Ukraine und Russland an.
Das war’s von uns für diese Woche, vielen Dank für dein Vertrauen. Wir lesen uns nächsten Sonntag.
Redaktionsschluss: 11:00
Weekly 20/2023
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