COVID-19-Gesetz
🕐: ca. 5 Min.
Im Dezember beschloss das Parlament, das Covid-19-Gesetz bis Juni 2024 zu verlängern. So soll es dem Bund bei einer erneuten Zunahme von Covid-Erkrankungen schnell möglich sein, erprobte Massnahmen zu reaktivieren. Dagegen wurde das Referendum ergriffen, darum stimmt das Schweizer Stimmvolk darüber ab.
Bereits zum dritten Mal landet das Covid-19-Gesetz an der Urne. Wie ist das möglich? Die Gründe dafür liegen im Schweizer Demokratiesystem.
Das Covid-19-Gesetz wurde zum am meisten angegriffenen Gesetzestext der Schweiz in den vergangenen Jahren. Mit Ausnahme von Liechtenstein war die Schweiz das einzige Land der Welt, in dem das Volk über die Gesetzgebung abstimmen konnte, die die Gesundheitsmassnahmen zur Bekämpfung der Pandemie vorschrieb. Am 18. Juni haben die Stimmberechtigten die Möglichkeit, zum dritten Mal über das Thema abzustimmen.
-
Gegen jedes vom Parlament beschlossene Gesetz kann ein Referendum ergriffen werden. Werden innert 50 Tagen 50`000 gültige Unterschriften gesammelt, landet das Gesetz beim Stimmvolk, das darüber abstimmt. Das Covid-19-Gesetz - das eigentlich Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie heisst - wurde im September 2020 vom Parlament beschlossen. Es stellt die rechtliche Grundlage der Schweiz dar, auf das Covid-19-Virus zu reagieren. Zu Beginn der Pandemie reagierte der Bundesrat mit Notrecht, welches keine Zustimmung des Parlaments erfordert, allerdings nur 6 Monate angewendet werden darf, danach muss es von einem regulären Bundesgesetz abgelöst werden. Dies geschah im September 2020.
Gegen dieses Gesetz wurde das Referendum aus den Kreisen der Corona-Skeptiker:innen ergriffen, das Stimmvolk stimmte also am 13. Juni 2021 das erste Mal darüber ab, ob sie das Covid-19-Gesetz will oder nicht. Die Vorlage wurde mit 60.2% der Stimmen angenommen.
Bereits im November 2021 ging es wieder um das Covid-19-Gesetz. Denn es kann auch gegen jede Änderung eines Gesetzes das Referendum ergriffen werden. Das machte ein Komitee rund um die Bewegungen “Mass-Voll” und “Freunde der Verfassung” bei den vom Parlament im Frühling 2021 beschlossenen Änderungen. Die Änderungen am Gesetz wurden im November 2021 an der Urne mit 62% Ja-Stimmen angenommen.
Im Dezember 2022 beschlossen National- und Ständerat, die Gültigkeit des Covid-19-Gesetzes bis in den Juni 2024 zu verlängern. Gegen diese Gesetzesänderung wurde erneut gekämpft, das Referendum kam mit 59`211 gültigen Unterschriften zusammen. So landet das Gesetz also zum dritten Mal an der Urne, das Stimmvolk entscheidet aber im Detail immer über etwas anderes im Gesetzestext.
Was sich ändert:
Einfach gesagt: Nichts. Zertifikate, Covid-Tests oder Contact-Tracing gehören in der Schweiz der Vergangenheit an. Vor über einem Jahr hob der Bundesrat die wichtigsten Massnahmen gegen die Corona-Pandemie auf.
Bundesrat und Parlament wollen jedoch auf die bewährten Massnahmen zurückgreifen können, falls die Zahl der Ansteckungen oder Spitalaufenthalte infolge Sars-Cov-2-Ansteckungen massiv zunimmt. Mit der Verlängerung des Gesetzes wurden auch die Rechtsgrundlagen verlängert. Beispielsweise könnte weiterhin die Ausstellung eines Covid-Zertifikats ermöglicht werden, etwa auch wenn andere Staaten von Einreisenden wieder eines verlangen. Auch die SwissCovid-App könnte mit einer rechtlichen Grundlage wieder aktiviert werden. Es betrifft jedoch auch die Verlängerung der Bestimmungen für Ausländer:innen und Grenzgänger:innen im Falle einer Grenzschliessung sowie die Vorschriften zum Schutz gefährdeter Personen.
Bei einem Anstieg der Krankheitsfälle ist es für den Bund wichtig, einen Überblick über die Anzahl und Auslastung der Spitalbetten in der Schweiz zu haben. Mit dem Covid-19-Gesetz kann der Bund die Kantone verpflichten, die Auslastung der Bettenkapazitäten zu melden – insbesondere auf den Intensivstationen.
Weiter fördert der Bund seit Ende 2021 die Entwicklung von Medikamenten gegen die Covid-19-Erkrankung und deren Langzeitfolgen. Ohne die rechtlichen Grundlagen können diese Projekte nicht mehr finanziell unterstützt werden. Die verlängerten Bestimmungen ermöglichen auch, dass Medikamente gegen schwere Formen von Covid-19 weiterhin importiert und verwendet werden können, auch wenn sie in der Schweiz noch nicht zugelassen sind.
Wer dagegen ist:
Das Referendumskomitee bestehend aus Mitglieder von “Mass-Voll” und “Freunde der Verfassung”. Sie werden unterstützt von Organisationen wie den “Freiheitstrychlern”, “gesund+frei”, “Actions Suisse” und dem Lehrernetzwerk Schweiz. Politisch sprechen sich die SVP und die Kleinpartei EDU gegen die Änderung des Covid-19-Gesetzes aus.
Argumente der Gegnerinnen:
Das Referendumskomitee ist der Meinung, dass die Verlängerung des Gesetzes nutzlos und schädlich sei. Der Bund habe die Pandemie für beendet erklärt und alle Einschränkungen aufgehoben. Das Gesetz biete aber weiterhin die Möglichkeit, jederzeit Zertifikate und diskriminierende Massnahmen einzuführen. Das Komitee argumentiert, dass mit einem Nein zum Covid-19-Gesetz die Spaltung der Gesellschaft überwunden würde und die Schweiz wieder zur Normalität zurückkehren würde.
Wer dafür ist:
Bundesrat und Parlament empfehlen die Vorlage zur Annahme. Von den Parteien sprechen sich FDP, Mitte, EVP, GLP, SP und Grüne für ein Ja aus. Es hat sich auch ein überparteiliches Ja-Komitee formiert, hauptsächlich um dem Referendumskomitee Paroli zu bieten. Am 22. Mai hat das Komitee zu einer Medienkonferenz eingeladen. Wer es unterstützt, ist noch nicht bekannt, wahrscheinlich werden Akteure aus allen Parteien ausser der SVP vertreten sein.
Auch die Wirtschaft, etwa der Gewerbeverband, economiesuisse und der Gewerkschaftsbund unterstützen das Gesetz.
Argumente der Befürworterinnen:
Obwohl sich die Pandemie stark abgeschwächt habe, sei die Verlängerung der Bestimmungen sinnvoll. So argumentieren Bundesrat und Parlament. Das Covid-19-Gesetz habe sich bewährt und sei demokratisch breit abgestützt. Mit dem Gesetz sei die Schweiz auf ein verschärfen der epidemiologischen Lage gewappnet. Besonders gefährdete Personen könnten geschützt werden, etwa indem der Bund Arbeitgeber dazu verpflichtet, diesen Personen Homeoffice zu ermöglichen.
Abstimmungsfrage:
Das steht auf dem Abstimmungszettel: Wollen Sie die Änderung vom 16. Dezember 2022 des Bundesgesetzes über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz) annehmen?
Das bedeutet es: Stimmst Du zu, dass das Covid-19-Gesetz bis Juni 2024 gültig bleiben kann und im Notfall bewährte Mittel wie Zertifikat oder Homeoffice-Pflicht wieder eingeführt werden können?
PS: Egal welcher Meinung du bist, nutze dein Stimmrecht und gehe an die Urne.
PPS: Auch wenn man einen Brief öffnen und wieder abschicken muss, oder am Sonntag ins Abstimmungslokal gehen muss, längst nicht alle Menschen auf dieser Welt können so viel mitbestimmen wie wir. Also sollten wir uns auch einen Tritt in den Arsch geben und es ernst nehmen.
© rethink-blog 2023
Mit Informationen von:
admin.ch
swissinfo-ch
massnahmen-nein.ch