Klima- und Innovationsgesetz
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Das Schweizer Stimmvolk stimmt am 18. Juni über das Klima- und Innovationsgesetz ab. Es ist ein indirekter Gegenvorschlag zur “Gletscher-Initiative”. Gegen das Gesetz wurde das Referendum ergriffen, darum entscheidet das Stimmvolk.
Die Volksinitiative “Für ein gesunder Klima” oder auch “Gletscher-Initiative” genannt, wurde 2019 eingereicht und fordert eine Klimaneutralität der Schweiz bis 2050 und ein Verbot fossiler Energieträger wie Öl und Erdgas ab 2050. Vor allem der zweite Punkt ging Bundesrat und Parlament zu weit, worauf ein Gesetz ausgearbeitet wurde, welches als indirekter Gegenvorschlag zu verstehen ist.
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Das Ziel einer Volksinitiative ist immer, einen neuen Artikel in der Bundesverfassung festzuschreiben oder einen bestehenden zu bearbeiten oder zu löschen.
Ist das Parlament oder der Bundesrat im Grundsatz mit dem Wunsch der Volksinitiative einverstanden, können sie einen Gegenvorschlag ausarbeiten.Beim direkten Gegenvorschlag schlägt das Parlament als Antwort auf die Initiative einen anderen Verfassungsartikel vor. Zieht das Initiativkomitee die Initiative nicht zurück, so gelangt der Gegenentwurf gleichzeitig mit der Initiative zur Abstimmung.
Beim indirekten Gegenvorschlag schlägt das Parlament anstelle einer Verfassungsänderung eine Gesetzesänderung oder ein neues Gesetz vor. Der indirekte Gegenvorschlag erlaubt es den Behörden, auf das Anliegen der Initiative einzugehen, ohne die Verfassung ändern zu müssen. Zieht das Initiativkomitee die Initiative nicht zurück, so tritt der Gegenvorschlag in Kraft, wenn die Initiative abgelehnt wird.
Das Komitee der “Gletscher-Initiative” ist soweit einverstanden mit dem Gesetzesentwurf und hat die Initiative bedingt zurückgezogen. Heisst: Wenn das Volk die Vorlage annimmt, ist die “Gletscher-Initiative” vom Tisch. Bei einem Nein zum Klima- und Innovationsgesetz entscheidet das Initiativkomitee, ob die “Gletscher-Initiative” vors Volk kommt.
Das “Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit” (KIG) folgt den Kernaussagen der “Gletscher-Initative”, lässt aber das Verbot von fossilen Energieträgern ab 2050 aus. Das neue Gesetz legt fest, dass die Schweiz bis 2050 eine Klimaneutralität erreichen muss. Das bedeutet konkret, dass die Schweiz nicht mehr Treibhausgase ausstossen darf, als durch die natürlichen Kohlendioxidspeicher (z.B. Wälder) oder durch technische Massnahmen (CO2-Abscheidetechnologien) absorbiert werden kann.
Das neue Gesetz legt Ziele und Zwischenziele für die Reduzierung der Emissionen fest und soll sicherstellen, dass die Finanzmittel klimafreundlicher investiert werden.
Was sich ändert:
Zum Einen wird das Ziel der klimaneutralen Schweiz bis 2050 im Gesetz festgeschrieben. Zum Anderen sieht es auch eine finanzielle Unterstützung für den Ersatz von Gas- oder Ölheizungen durch klimafreundlichere Systeme vor. Dafür stehen während zehn Jahren zwei Milliarden Franken aus dem ordentlichen Bundesbudget zur Verfügung. Öl- und Gasheizungen sind in der Schweiz für rund einen Viertel der ausgestossenen Treibhausgase verantwortlich. Als Alternativen stehen im Vordergrund Holzheizungen oder Wärmepumpen. Auch soll der Ausbau von Fernwärmenetzen und die bessere Isolation der Gebäude gefördert werden. Die finanziellen Mitteln von jährlich 200 Millionen Franken fliessen in die bereits bestehenden Förderprogramm der Kantone.
Wer dagegen ist:
Gegen das Gesetz hat die SVP das Referendum ergriffen und hat dabei mehr als das Doppelte der benötigten 50`000 Unterschriften sammeln können. Sie ist die einzige grosse Partei, die das Gesetz und die "Gletscher-Initiative" ablehnt. Ihr schliessen sich aus der Wirtschaft der Hauseigentümerverband Schweiz und GastroSuisse an. Im überparteilichen Komitee “Stromfresser-Gesetz-Nein” finden sich auch einige FDP-Parlamentarier.
Argumente der Gegnerinnen:
Für die Gegenseite bedeutet das Gesetz faktisch ein Verbot von Benzin, Diesel, Heizöl und Gas. Gleichzeitig fehle ein Plan, wie genügend bezahlbarer Strom für elektrische Autos, Wärmepumpen etc. produziert werden soll. Die SVP warnt davor, dass der Strombedarf entsprechend steigen werde und damit auch die Energiekosten für die Haushalte.
Durch die Verlagerung zu klimaneutralen Energieträger würde sich die Schweiz noch abhängiger vom Wetter und Ressourcen aus dem Ausland machen. Ausserdem würden Windräder und Solaranlagen die Natur und Landschaft verschandeln.
Wer dafür ist:
Parlament und Bundesrat empfehlen die Annahme der Vorlage. Auf Seite der Parteien sind FDP, Mitte, EVP, GLP, SP und Grüne für die Annahme des Klima- und Innovationsgesetzes. Dafür spricht sich natürlich auch das Initiativkomitee der “Gletscher-Initiative” aus. Unterstützt werden sie vom Schweizerischen Alpen-Club SAC, dem Bauernverband, pro natura, dem Klimastreik und dem Gewerkschaftsbund.
Argumente der Befürworterinnen:
Für die Befürworterseite ermöglicht das Klimagesetz der Schweiz, sich von fossilen Energieträgern zu lösen und so unabhängiger zu werden. Investitionen in innovative Technologien und Verfahren würden zudem Arbeitsplätze schaffen. Mit dem Klimagesetz würden keinen neuen Abgaben oder Steuern eingeführt, sondern Anreize geschaffen, klimafreundlicher zu werden. Davon profitiere die Bevölkerung wie auch der Wirtschafts- und Innovationsstandort Schweiz.
Abstimmungsfrage:
Das steht auf dem Abstimmungszettel: Wollen Sie das Bundesgesetz vom 30. September 2022 über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (KIG) annehmen?
Das bedeutet es: Willst Du, dass die Schweiz bis 2050 klimaneutral wird, der Verbrauch von fossilen Kraftstoffen wie Öl und Gas reduziert und dafür erneuerbare Energieträger explizit fördert.
PS: Egal welcher Meinung du bist, nutze dein Stimmrecht und gehe an die Urne.
PPS: Auch wenn man einen Brief öffnen und wieder abschicken muss, oder am Sonntag ins Abstimmungslokal gehen muss, längst nicht alle Menschen auf dieser Welt können so viel mitbestimmen wie wir. Also sollten wir uns auch einen Tritt in den Arsch geben und es ernst nehmen.
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